KOMMENTAR
: Haase würgt ab

■ Kann der Verkehrssenator eigentlich Auto fahren?

Wer den Vorwärtsgang einlegt und gleichzeitig die Bremse drückt, der würgt den Motor unweigerlich ab. Normalerweise erteilen Fahrlehrer ihren Zöglingen diese Lektion in der ersten Stunde. Verkehrssenator Herwig Haase hat diese Grunderkenntnis offensichtlich längst vergessen. Seine Verkehrspolitik jedenfalls gleicht fatal den hoppelnden und stotternden Fahrversuchen eines 14jährigen, den die Eltern auf dem Feldweg das erste Mal ans Steuer gelassen haben.

Nun ist es leider keine menschenleere Nebenstraße, auf der der Verkehrssenator seine Experimente unternimmt, sondern die Stadt mit den meisten Autos, den meisten Menschen und den meisten Unfällen in Deutschland. Irgendwann in ferner Zukunft will Haase deshalb Gebühren für die Benutzung von City-Straßen verlangen. Als ersten Schritt hingegen kündigt er die Demontage von Tempo-30-Schildern an. Die Verwirrung, die Haase auf diese Weise schafft, hat eine einfache Ursache: Der Senator sitzt nicht allein am Steuer. Die Autolobby der CDU denkt an ihre Wahlversprechen und will endlich Gas geben. Die Koalitionspartner von der SPD dagegen treten auf die Bremse: Anders als die christdemokratischen Eiferer achten die Sozis darauf, sich nicht völlig von der autokritischen bundespolitischen Diskussion abzukoppeln.

Wenn Haase jetzt allen Ernstes auf die Ewiggestrigen hören und Tempo-30-Zonen wieder abschaffen will, dann manövriert er sich selbst in die Sackgasse. Es mag als persönliche Leistung bewunderungswürdig sein, wenn Haases Staatssekretär steigende Unfallzahlen in Tempo-30-Straßen ins Feld führen kann, ohne bei dieser Milchbubirechnung rot zu werden. In spätestens zwei oder drei Jahren wird der Senat unter dem Druck der Berliner trotzdem gar nicht umhin kommen, neue Tempolimits einzuführen. Mit einem Verkehrssenator, der die Verkehrsberuhigung eben erst abgeschafft hat, wird das ganz sicher nicht gehen. Denn: Wer auf der Straße nur zickzack fährt, dem wird der Führerschein entzogen. Hans-Martin Tillack