Hallo, hallo, hören Sie

■ Premiere: Nach „Report“ wird „Nachgefragt“, Eins Plus, 21.45 Uhr

Die Idee ist nicht neu, aber gut: Im Anschluß an das Report-Magazin können die ZuschauerInnen in Nachgefragt zu den behandelten Themen Fragen stellen. Bei den alternierenden Magazinen Monitor und Panorama gibt's das schon seit geraumer Zeit.

Die subjektive Darstellung der Report-Themen fordert das Publikum zum Reagieren heraus: Lehrerlaubnisentzug für den katholischen Theologen Eugen Drewermann, Entscheidungsfreiheit der Frauen senkt Abtreibungsrate, AusländerInnen nehmen keine Arbeitsplätze weg, deutscher Rüstungsexport standen auf dem ARD-Programm. Nachgefragt ist im Anschluß an Report auf Eins Plus zu sehen.

Die Premiere beginnt klassisch. Moderator Franz Alt: „Hallo, Herr Katzer, hören Sie mich?“ Herr Katzer hört ihn nicht. Jedenfalls hören wir nicht Herrn Katzer. Bis zum zweiten Anrufer, den wir ebenfalls nicht hören werden, überbrückt Franz Alt mit der Frage an einen der Journalisten der gesendeten Beiträge: „Wie bist du auf das Thema gekommen?“ Da bleibt die Hoffnung, daß vielleicht die Zuschauerfragen intelligenter werden.

Besser als von den ZuschauerInnen werden die AnruferInnen von Drewermann und den JournalistInnen im Studio verstanden: Sie haben einen Knopf im Ohr — Franz Alt als Steiftier.

Im folgenden zeigen sich Möglichkeiten und Probleme derartiger Sendungen. Spannend wird's, wenn ein Forumcharakter entsteht. Verschiedene JournalistInnen äußern sich zu einem Thema, eine Anruferin schildert eine relevante Erfahrung, Zusammenhänge von Einzelthemen werden erfahrbar.

Peinlich dagegen, wenn Alt im Zusammenhang mit der Asylproblematik aus heiterem Himmel den Jäger90 anführt, wenn drei JournalistInnen hintereinander ihren situationsbedingten Vorteil nutzen und dem Anrufer ohne Chance auf Eingriff widersprechen oder wenn der Gong ertönt. Er verweist auf das Ende der Redezeit pro Anruf, anstatt sie durch die Relevanz der Äußerungen bestimmen zu lassen. Und eine Sendung wie Nachgefragt von vornherein auf 45 Minuten zu begrenzen, stellt die gesamte Idee in Frage.

In den Daumenschrauben des Zeitdrucks meldet sich ein Perser. Seit über zwanzig Jahren lebt er in Berlin, jetzt droht täglich seine Abschiebung. Hier war er politisch aktiv, dort erwartet ihn die Todesstrafe.

Aus Hamburg ruft eine Frau an, die Asylbewerberinnen versteckt. Aufgrund ihrer Lebenssituation will eine von ihnen abtreiben. Für den folgenden Tag bietet Journalistin Heidi Schumacher ein Telefonat an, um in anderem Rahmen Ratschläge zu geben.

Sendungen wie Nachgefragt haben ihre Bedeutung, wenn im Studio sinnvoll mit ihnen umgegangen wird. Kopf hoch, Herr Alt, war ja erst die Premiere. Achim Becker