Provokateure oder völlig bekloppt

■ betr.: "Autonomer Sonntagsausflug nach Hoyerswerda", taz vom 1.10.91

betr.: „Autonomer Sonntagsausflug nach Hoyerswerda“,

taz vom 1.10.91

Der Bericht von Jürgen Gottschlich über die Hoyerswerda Demonstration muß ergänzt werden. Es ist richtig, daß die Polizei zweimal ohne die geringste Provokation die Demonstration blockiert hat. Die Entscheidung von manchen vermummten DemonstrantInnen, die Polizei mit Steinen aus den hinteren Reihen zu bewerfen, wurde aber von vielen anderen Anwesenden entsetzt zur Kenntnis genommen. „Sie sind entweder Provokateure oder völlig bekloppt“, sagte eine Demonstrantin für viele.

Für eine friedliche Straßenbesetzung und Kundgebung war die Situation optimal. Etwa 200 BewohnerInnen haben interessiert von den Balkons zugeschaut; die Heuchelei der Polizeiführung im Vergleich zur vorangegangenen Woche hätten wir in Ruhe thematisieren können. Wir hätten auch ohne große Mühe über Seitenstraßen die Polizeisperre umgehen und die Polizei von zwei Seiten zur Rede stellen können, wie es zum Beispiel auf der Frankfurter Demo gegen die NPD im Februar 1990 geschehen ist. Die Polizisten waren schließlich in Hoyerswerda eine kleine Minderheit.

Es ist auch zu bestätigen, daß manche aus dem Westen nach Hoyerswerda in Schickimicki-Autos gefahren sind und als aller erstes die Autos der dortigen Bergarbeiter kaputtgehauen haben. Die durchaus solidarisch eingestellten Kumpels hatten im Gespräch mit türkischen Freunden wenig Verständnis dafür. Ebensowenig Verständnis zeigten die Frauen in diesem verkommenen Arbeiterviertel, als der neu gepflasterte Bürgersteig aufgerissen wurde.

Nicht zu verschweigen sind die ungezielten Steinwürfe und Angriffe mit Feuerwerkskörpern auf die Wohnblöcke selbst, angeblich durch ausländerfeindliche Sprüche gerechtfertigt. Es ging manchen DemonstantInnen anscheinend darum, die bösen Hoyerswerdaner blitzschnell zu identifizieren und zu bestrafen. Mehrere Diskussionsversuche von solidarisierenden Hoyerswerdanern und anderen DemonstrantInnen blieben erfolglos. Teilweise kam es gar zu Gewalt unter den DemonstrantInnen. Kevin Mannerings,

Frankfurt am Main