Nach Jupp der Yuppie?

■ Der FC Bayern München entließ Josef Heynckes

Berlin (taz) — Wie wurde dieser Tag von Heynckes- und Bayern- Hassern doch herbeigesehnt. Aber wie so oft war die Vorfreude das schönste, diese wundervolle Zeit, in der die Fußball-Bundesliga fast ausschließlich unter dem „Fliegt er?“-Aspekt betrachtet wurde, als man an Hoeneß' Lippen hing und an Hellhörigkeit selbst die „Kreml- Astrologen“ überbot. Aus. Schluß. Vorbei. Der große Tag kam — und nichts geschah.

Der hartnäckig verteidigte Markensekt, „der erst aufgemacht wird, wenn Heynckes entlassen wird“, steht immer noch im Kühlschrank. Kein Festessen, kein fröhliches Beisammensein mit dem Anschauen der sorgfältig gehorteten schönsten Bayern-Niederlagen. Und schon gar kein Tag, so wunderschön wie heute! Denn wie so oft, wenn ein Ziel erkämpft wurde, werden die Menschen geteilt. Wir werden uns trennen in Bayern- Hasser und Heynckes-Bemitleider, in Sören-Lerby-Liebhaber und daher Bayern-Tolerierer, in Heynckes-Hasser und Bayern-Egal-Seier...

Und was wird erst sein, wenn Jupp H. zu einem an sich sehr netten Fußballverein wechselt? Optimisten werden zwar einwenden, daß man auf diese Weise zwei Haß- Vereine dazugewinnen könnte, aber sie denken zu kurz: Heynckes und Bayern, das gehört zusammen. „Heynckes raus“, das klingt nur im Olympiastadion schön. Und was soll man ihm in Zukunft zum Beispiel im Ruhrgebiet ausziehen?

Natürlich, es lag auch an den Medien. So hatten wir uns das Ende nicht vorgestellt, so lieblos verkündet zwischen zwei Halbzeiten eines belanglosen Fußballspiels. Eine kleine, sehr schlichte, aber doch würdige Feierstunde hätte es schon sein dürfen, mit der „Ode an die Freude“ und zwei, drei Rednern (vielleicht Max Merkel?) und einem abschließenden stilvollen Feuerwerk. So aber mußten wir vom Reporter vernehmen, daß Josef Heynckes eigentlich nie mit der Münchner Schickeria zurechtkam, und irgendwo im Inneren meldet sich jemand, der spricht: „Jupp ist auch ein Mensch, und vielleicht sogar ein sympathischer!“

Gut, gestehen wie es uns ein: Wie die meisten Bewegungen von unten scheitern auch wir letztlich daran, keine Alternative für die Zeit danach zu haben, nichts, was die Massen jetzt noch erregen würde. Der geniale Fußballer und erfolgreiche Fleischgroßhändler Sören Lerby taugt wenig als Feindbild. Der Sekt bleibt trotzdem im Kühlschrank — bis es Ulrich Hoeneß erwischt, der ein gemeiner Mensch sein muß, wenn er den netten Josef feuert. Auf „unseren“ Jupp haben wir noch mit einem Bier angestoßen. Es gibt ein Leben nach Jupp Heynckes, meint

Elke Wittich