Polizei-Entwicklungshilfe

■ Millionenhilfe für 40 Staaten, die es mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen

Polizei-Entwicklungshilfe Millionenhilfe für 40 Staaten, die es mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen

Die Weltmächte rüsten ab, Bonn hingegen auf: Mit knapp 200 Mio. DM Polizei- und Militär-Entwicklungshilfe in den nächsten drei Jahren, wie vorgestern von der Bonner Fraktion Bündnis 90/Grüne im Detail bekanntgegeben wurde. Kaum einer der 40 beglückten Staaten — von Guatemala über die Türkei bis Zaire — nimmt es mit den Menschenrechten ernst. Den politischen Entscheidungsträgern könnte eigentlich zugemutet werden, den ai-Jahresbericht gegenzulesen und sich Gedanken darüber zu machen, daß eine „Vertiefung der Kontakte“ zu einer Diktatur auch bedeutet, Folterknechten die Hand zu reichen. Und daß „polizeiliche Zusammenarbeit im Interesse der Verbrechensbekämpfung“ eine Kooperation mit einer Polizei bedeutet, die selbst Verbrechen begeht.

Auch dem Laien dürfte klar sein, daß Polizei- Ausrüstung zur Verbesserung der Mobilität oder zur Führung und Kommunikation (Fahrzeuge, Einsatzzentralen, Funkgeräte) dazu taugen, den Sicherheitsapparat effizienter zu machen. Natürlich, es werden keine Waffen mit diesen Mitteln finanziert, aber was nutzt das, wenn der Polizist in San Salvador trotzdem den Finger am Abzug einer deutschen „Heckler und Koch“ hat oder der Unterbau gepanzerter Polizeifahrzeuge in Soweto trotz Wirtschaftsembargos von „Mercedes Unimog“ stammt? Polizeihilfe mit Zwängen der Rauschgiftbekämpfung zu begründen, klingt überzeugender, hat aber den Haken, daß die Polizei im Drogenkrieg längst auf der Verliererstraße ist und der Mut zu anderen juristischen wie gesellschaftlichen Konsequenzen (noch) fehlt. Ohnehin ist mehr als fragwürdig, jenen Sicherheitsbehörden in Heroin- /Kokain-Erzeugerländern Ausrüstung und Know- how zu liefern, die selbst ihre Hände im Drogengeschäft schmutzig machen. Was — außer deutschen Wirtschaftsinteressen und politischem Einflußstreben — spricht dagegen, die begehrten DM-Millionen in jedem Fall von der Garantie für Menschenrechte abhängig zu machen?

Das polizeiliche Langzeitgedächtnis ist überraschend kurz, wenn es um Menschenrechtsverletzungen des polizeilichen Counterparts geht. Vielleicht sollte man die BKA-Computer damit füttern, damit das Wort Folter nicht weiterhin im polizeilichen Sprachgebrauch tabuisiert bleibt. Um es dann hochrangigen Besuchern (solchen, die foltern lassen) im Bundesinnenministerium, beim BKA, der GSG-9, im Bundesnachrichtendienst oder bei Landeskriminalämtern um die Ohren zu schlagen. Dieter Schenk

Der Autor ist Publizist, ehemaliger BKA-Kriminaldirektor und Autor von BKA — Die Reise nach Beirut.