Siedleraktion vor Baker-Besuch

Der US-amerikanische Außenminister tritt am Wochenende seine achte Nahost-Reise an/ Fünf Gebäude in palästinensischem Vorort Jerusalems besetzt/ Immer mehr Konflikte mit Washington  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Der US-amerikanische Außenminister James Baker wird am Samstag seine achte und vermutlich letzte Reise in den Nahen Osten antreten, um die letzten Hindernisse für eine regionale Friedenskonferenz auszuräumen. Im Vorfeld der Reise hat der Rat der Siedler in der Westbank und dem Gaza-Streifen eine Reihe von Protestaktionen organisiert, die beweisen sollen, daß „das ganze Israel (also auch die von Israel besetzten Gebiete) unter israelischer Kontrolle bleiben muß, damit die Sieldungstätigkeit ungestört fortgesetzt werden kann“.

In der Nacht zum Mittwoch gab es bereits einen ersten Vorgeschmack darauf, wie sie ihre Ambitionen durchsetzen wollen: 50 Mitglieder der Religionsschule Ateret Kohamin besetzten fünf Gebäude mit 26 Wohnungen in dem palästinensischen Dorf Siluan östlich der Jerusalemer Altstadt. Der Grenzpolizei gelang es, einige der Besetzer zum Abzug zu bewegen. Ein anderer Teil jedoch, der von einem halben Dutzend Knesset-Abgeordneter der radikalen Siedlerbewegung Gush Emunim angeführt wurde, behauptete, die Häuser seien im Besitz ihrer Organisation. Dagegen protestierten mehrere Palästinenser, die angaben, selbst Eigentümer der Gebäude zu sein.

Die sogenannte „Operation David-Stadt“ war offenbar von langer Hand gut vorbereitet worden. Die zum Teil bewaffneten Siedler waren mit einer starken Lichtmaschine, Proviant und und Möbeln angerückt. Nach Meldungen des israelischen Rundfunks hatte Wohnungsbauminister Ariel Scharon ihnen grünes Licht gegeben. Wie sich herausstellte, verfügte die Polizei alle Informationen, die es ihr ermöglicht hätte, die Besetzung zu verhindern. Gestern mittag hielten sich immer noch einige Siedler in einem der Häuser auf. Sie dürfen so lange dort bleiben, bis die Besitzverhältnisse von einem Gericht geklärt sind.

Die israelische Siedlungspolitik zählt zu einem der Streitpunkte zwischen den beiden Regierungen in Jerusalem und Washington. Die Liste der kontroversen Punkte wird immer länger: Zu dem Streit um die Kreditgarantien oder die Kontakte des State Departement zu VertreterInnen der Palästinenser kommen seit gestern noch die angeblichen israelischen Aufklärungsflüge über dem Irak hinzu.

Immer mehr Regierungsbeamte klagen über die sich verschlechternden Beziehungen. „Jedes Dokument, jeder Schritt ist heute problematisch“, meinte ein hoher Beamter. In Regierungskreisen geht man davon aus, daß es zu keiner Einigung über ein Memorandum, das die israelisch-amerikanische Zusammenarbeit während der Friedenskonferenz umreißt, kommen wird. Nun rechnet man mit einem Vorschlag Bakers, die Gespräche über das Memorandum fortzusetzen, nachdem Israel bereits eine Einladung zur Konferenz angenommen hat.