Es muß amol eine Liebe g'wesen sein. Im Juni 1989

■ Als Bayer getarnt, wohnte Henning Pawel für die taz einem aufsehenerregenden Gerichtsverfahren in Weimar bei

's is olles net woa. Gern hätt' ich das Lied ostimmt mitten im Prozeß. Aber leider, 's is olles woa. Weimars ehemaliger OB, der Prof.Dr. Gerhard Baumgärtel, CDU (ja, sogar Oberbürgermeister hatte diese Partei dereinst in der DDR), und Ex- Orts-SED-Chef Dr. Peter Damaschke waren dran wegen Wahlfälschung. Sie haben auch brav zugegeben, „a bisserl nachbessert zu haben bei die letzten DDR-Wahlen im Juno 1989. Unter schwerstem seelischem und Befehlsdruck freili.“

Der SED-Damaschke hat den CDU-Baumgärtel gedrückt. Den Damaschke nu wieder hat der Müller Gerhard gedrückt, was seinerzeit Kandidat vom Politbüro und Erfurter Bezirksparteichef war. Dem Müller hat die Top-secret-Geheimlosung vom Politbüro wie eine Last auf der Seele gelegen, nämlich daß im 40er Jubeljahr der DDR kein Gemeinwesen nicht unter 99 Prozent Jastimmen bleiben darf. Der Blockflötist Baumgärtel und der SEdist Damaschke haben halt nur gehorcht, wie wir fast alle. Und wenn man gerecht sein will, und das Gericht war es auf seine Weise, so wußten die Fälscher ja schließlich, daß sie mit ihrer Fälschung keinem Menschen nie nicht etwas Böses antun könnten. Den Altvätern im Politbüro halt was Gutes. Und das war eben schlecht. Etwas wirklich Schlimmes aber wäre es erst dann gewesen, wenn sie durch 5-6 Schummelprozente dem Honecker die Macht gerettet hätten. Wenn er mit ein paar Punkten weniger aufs harte Oppositionsbänkl hätt' gehen müssen. Der Schwindel aber war, wie die von Anfang an einsichtigen Täter leider erst heute wissen, gar nicht nötig. 90-92 Prozent haben die Goethestädter erwiesenermaßen für den Wurzel aus Wandlitz-Wiebelskirchen freiwillig und geheim damals abgegeben. Sagen der Baumgärtel und der Damaschke, sagen auch andere Zeugen. Und das Gericht hat ihnen geglaubt.

Aber selbst dieser Triumph war dem Honecker nachert noch immer nicht genug. Weil er nämlich allerhöchstens von nur einem einzigen Prozent seines Volkes nicht geliebt werden wollte. Nur deshalb haben der Damaschke und der Baumgärtel dann gehorcht. Mit die Fäust in die Taschen freilich. Aber gehorcht eben. Zwar nur um die knappen 5-6 Prozent. Aber auch die sind dann aufkommen, gerichtsnotorisch.

Was nur in die Menschen gefahren is? Im Juni 1989 noch satte 91 Prozent für die Muppets im Politbüro, aber im Herbst schon „Helmut, Helmut“. Wie man's macht, is es eben verkehrt, wern sich der Baumgärtel und der Damaschke denkt haben nach dem Urteilsspruch. Bewährung freilich gab's für alle zwei. Aber wenn er noch eine einzige Wahl fälscht, ist der Bart ab fürn Baumgärtel, und es geht ohne Gnade eini für acht Monat' in die Pension ohne Klinke. Der Damaschke-Peter gar, wenn er sich nicht bessert und wieder mal an die Stimmzetteln fingert, muß für 10 Monat' ins Spinnhaus.

Aber zu zahlen haben sie. Zwar keine Geldstrafe nicht. Nur eine Geldbuße. Was den Abgestraften nun wieder Wurscht is, denn zahlen müssen's. So oder so. Dem Gemeinnutz aber nicht. Denn er faßt die Mäuse für an guten Zweck ab.

Der Ex-OB und 1990er Bauminister Baumgärtel muß 3.000 DM, der Damaschke sogar 5.000 herüberreichen. Eigentlich, weil es ja DDR-Wähler waren, wo sie hereingelegt haben, wär es nur heilig-gerecht gewesen, die Abgeurteilten hätten auch in DDR-Mark büßen müssen. Aber a Westrichter und Ostgeld? Na.

Wobei noch gesagt werden muß, daß der Damaschke-Peter nicht nur wegen die höhere Geldbuße sehr viel ärmer dran is als der Baumgärtel. Er bewirbt sich gerade um einen kleinen Posten an der Erfurter Pädagogischen Hochschule. Aussichtslos. Auch wenn er nicht gefälscht hätte. Einem SED-Mann derf nicht vergeben werden. Nur einem von die, was vorne mit C anfangen. Des is schließlich christlich. Und wenn net, vergeben die sich selber.