Quantitative Verringerung

■ betr.: Krise, Sanierung und Umbruch der taz

betr.: Krise, Sanierung und Umbruch der taz

[...] Die jüngste Krise mit Abschied vom Einheitslohn etc. — dann wäre es ja genehm, den besten deutschsprachigen USA-Korrespondenten, Martin Kilian, wieder von Augstein loszueisen — hat meines Erachtens auch eine große Chance mit sich gebracht: Da der Preis mit Ausnahme der Samstagausgabe nicht mehr angehoben werden kann, würde nur noch eine quantitative Verringung die Einnahmen pro Druckseite erhöhen; und eben dafür plädiere ich! Wehmütig denke ich an die Zeiten zurück, als die taz acht Seiten Umfang hatte und meist einen Tag zu spät war, aber so gut, spontan, frech, witzig und zeitlos aktuell, daß selbst nach Tagen noch siebeneinhalb Seiten lesenswert waren. Deshalb schlage ich eine Verkürzung der Wochenausgabe auf zwölf bis 16 Seiten vor und am Samstag maximal 24 Seiten. [...]

Je näher die taz dem vollprofessionellen Gehabe etwa der 'Frankfurter Rundschau' kommt, desto unwichtiger wird sie verhältnismäßig, weil die ebenbürtige Konkurrenz stärker wird. Es ist für mich keine Gettoisierung, wenn die taz das Außenseiterblatt mit ausgezeichneter (Hintergrund)Berichterstattung bleibt oder vielmehr dorthin zurückfindet, sondern nur bei Annahme dieser Begrenzung, die eine Nische und auch eine Marktlücke bietet, hat sie (auch wirtschaftlich) eine Überlebenschance.

Und was die Entlassung von Redakteuren betrifft: So ist mir — neben den ausgezeichneten Auslandskorrespondeten Roland Hofwiler, Klaus Bachmann und Werner Raith— im Lande außer Ute Scheub und einigen freien MitarbeiterInnen wie etwa Gabriele Goettle niemand in den letzten drei Jahren aufgefallen, auf den sich hinzuweisen lohnte. Welche Hintergründe es hat, daß so geniale Leute wie Qpferdach (Berlin-Kultur) plötzlich verschwunden sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls aber wird der Abgang kleiner Lichter nicht sonderlich auffallen. Andi Gindler, Witzenhausen