Thailands Gigantomanie

■ Der Gegenkongreß zur IWF-Tagung kritisiert die 30 riesigen thailändischen Staudammprojekte/ Energiesparen sinnvoller

In Bangkoks Chulalongkorn Universität ist gestern die Auftaktveranstaltung zum „People's Forum“ zu Ende gegangen, einem zehntägigen Gegenkongreß zur Tagung von IWF und Weltbank. Auf dem sogenannten Thai-Forum hatten in den vergangenen drei Tagen 800 VertreterInnen von Basisgruppen und Nichtregierungsorganisationen die Auswirkungen der offiziellen Entwicklungspolitik auf die lokale Bevölkerung und Umwelt analysiert. In Schwerpunkte unterteilt, wurden die von den lokalen Gruppen favorisierten Alternativen zur bisherigen offiziellen Wirtschaftspolitik vorgestellt.

Der Vorsitzende des Bündnisses von 220 thailändischen Nichtregierungsorganisationen, Saneh Chamarik, nannte das Thai-Forum einen wichtigen Beitrag zum Entwicklungsprozeß des Landes. „Auf die Menschen zu hören, ist der einzige Entwicklungsansatz, der den Menschen hilft“, so Saneh.

Das Forum hatte mit einer Darstellung der Folgen von Staudammbauten begonnen, von denen es in Thailand 30 gibt. Dabei ging es weniger um akademische Exkurse, als vielmehr um die Schilderungen dere Auswirkungen auf die AnwohnerInnen. Vicharan Petcharat aus Surat Thani berichtete, daß vier Jahre nach Fertigstellung des Chiew Larn Dammes das Wasser im Staubecken noch immer giftig ist. Damals sei das Reservoir gefüllt worden, ohne vorher die Bäume und Pflanzen zu beseitigen. Diese waren mittlerweile verrottet und hätten auch flußabwärts schwere Schäden angerichtet. Lert Techa-in, der 1964 beim Bau des ersten mit Mitteln der Weltbank in Thailand finanzierten Dammes umgesiedelt wurde, beklagte sich über die nicht eingehaltenen Versprechungen. Das Ersatzland sei trocken und steinig, auf die Anschlüsse an das Wasser- und Stromnetz wartete seine Familie bis heute, obwohl sie nahe dem Kraftwerk wohnt.

Die Veranstaltung zum Thema Staudämme endete mit der Forderung, den Bau von Dämmen drastisch einzuschränken, alternative Energiequellen zu entwickeln und Energie einzusparen. Auf jeden Fall sei die lokale Bevölkerung von Anfang an in den Entscheidungsprozeß miteinzubeziehen, die Entschädigung müsse gerecht sein.

Ähnlich verliefen die Veranstaltungen zu den Themen Landwirtschaft, Ökologie in Küstenregionen, Forstwirtschaft, Bewässerung, Slums und ethnische Minderheiten. Die Schilderungen der Betroffenenen wurden jeweils mit den Vorträgen von alternativen ExpertInnen und Diashows kombiniert.

Auf heftige Kritik stieß insbesondere das vom Militär durchgeführte Landumverteilungsprogramm für Waldgebiete im Nordosten des Landes. Die Wälder werden nach verschiedenen Typen klassifiziert. Jüngst wurde mit einer Umsiedelung aus den Gebieten begonnen, die als schützenswert definiert wurden. Die TeilnehmerInnen des Forums bezweifelten die nach Luftaufnahmen vorgenommenen Klassifizierungen. Pakpoom Vithantheerant vom nordöstlichen Waldkomitee sagte, daß die nach Abschluß des Plans vorgesehene Verteilung zeige, wer von dem Plan wirklich profitiere. Während den Armen nur wenig zugute komme, sei ein Großteil der Gebiete für kommerzielle Forstwirtschaftin Form von Eukalyptus- und Kautschukplantagen vorgesehen.

„Der Plan beruht auf der falschen Annahme, daß die Dorfbevölkerung nicht im Einklang mit der Natur leben könne“, sagte Pakpoom. Das Forum schlug statt dessen vor, den seit langem in den Gebieten lebenden Dorfgemeinschaften quasi Hoheitsrechte über die Wälder einzuräumen und ihren Schutz anzuvertrauen. In der Abschlußerklärung des Thai- Forums heißt es, daß die Mehrheit der Bevölkerung durch die Entwicklung der letzten Jahre zunehmend ihre Würde und Kultur verliere. Soziale Konflikte hätten sich verschärft. Das Thai-Forum forderte die Regierung und Finanzinstitutionen auf, nicht gegen die Bevölkerung zu entscheiden. Nur eine Dezentralisierung der Entscheidungen und Öffentlichkeit könnten zu ausgeglichenen Entwicklung führen, die sozial und ökologisch verträglich sei.

Das People's Forum geht in den nächsten Tagen mit Workshops, einem Tribunal sowie einem Teffen internationaler Organisationen wei-ter.