Bremerhavener Spitzen

■ Wer was werden sollte und jetzt wahrscheinlich in die Röhre guckt

Wenn Könige gestürzt werden, dann wird es auch für den Hofstaat schwer. Diese Erfahrung könnten in den nächsten Wochen etliche Bremerhavener machen, die ihr Schicksal in die Hand von Werner Lenz gelegt hatten. Denn der hatte für die Zeit nach der Wahl schon ein festes Koalitions- und Personalkonzept. Und das sah so aus: Die große Koalition war bereits im ersten Sondierungsgespräch mit der CDU verabredet worden. Die Mehrheit wollte sich Lenz notfalls über eine Urabstimmung in den Ortsvereinen holen. Der schwache bisherige CDU-Fraktionsvorsitzende Rolf Stindel sollte mit dem Dezernenten-Job für Kultur und Schule abgefunden und damit Nachfolger des von Lenz aus dem Amt gegraulten Horst von Hassel werden. Daß die Verhandlungen schon weit gediehen waren, hatte am Donnerstag abend die enge Lenz- Vertraute Karin Tutzek ausgeplaudert, als sie als einzige einer großen Koalition das Wort redete, um einmal die Stimmung im Unterbezirk zu testen. Tutzek erlangte lokale Bekanntheit, weil sie in der Bremerhavener Dependance der Wirtschafts-Förderungs-Gesellschaft als Sekretärin eingesetzt wurde, wie böse Zungen sagen, um Lenz immer taufrisch über die dortige Aktenlage auf dem laufenden zu halten. In Zukunft sitzt sie in der Bremischen Bürgerschaft.

Auch für einen anderen Genossen stand die Belohnung für Wohlverhalten an. So sollte der gesundheitlich angeschlagene Oberbürgermeister Karl Willms, der sich am Donnerstag auf seine vorsichtige Art gegen Lenz stellte, in den Ruhestand gedrängt werden. Nachfolgekandidat war Günter Lemke, bislang Dezernent für Soziales und in Bremerhaven als der „Pate“ berühmt und berüchtigt. Er soll Willms mit Verweis auf dessen Gesundheit schon mehrmals zum Amtsverzicht gedrängt haben.

Auch die Frage, was Lothar Koring als stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD in der Bremischen Bürgerschaft zurück in die Stadtverordnetenversammlung gelockt hatte, wäre bald beantwortet worden. Koring, der in Bremen bei der Suche nach einem lukrativen Versorgungsposten nicht fündig geworden war (Rechnungshof, Toto-Lotto-Gesellschaft), sollte Nachfolger des Bürgermeisters und Stadtkämmerers Heinz Brand werden.

Da soviel auf dem Spiel steht, ist es möglicherweise mit der Acht-Stunden-Schlacht vom Donnerstag nicht getan. Insider fürchten gar, daß der sprunghafte Lenz noch einmal antritt, wenn am 24. Oktober der SPD-Vorstand neu gewählt wird. Gegenkandidat könnte dann einer sein, dem Lenz kürzlich den Rausschmiß angedroht hatte: Der bisherige Geschäftsführer der Stadtratsfraktion, Siggi Breuer. Rosi Roland