Die Straßen nach den Alten richten

■ Alte Menschen im Straßenverkehr: Fotoausstellung und Broschüre

Wie lange dauert es noch bei Ihnen? 10 Jahre? 20? Die gehen auch rum. Dann, irgendwann sicher, gehören auch Sie zu denen, die vielleicht nicht mehr so gut gucken können, die nicht mehr wie ein junges Mädchen noch schnell vor der Bahn über die Straße flitzen können. Um die Lage der Älteren im städtischen Verkehr ging es auf einer Bremer Tagung im letzten Jahr. Jetzt gibt es eine informative 3-Marks-Broschüre und vor allem eine Fotoausstellung, die am Dienstag im Bürgerhaus Vahr eröffnet wird.

Von verschiedenen Blickrichtungen und Interessengruppen aus sind Beobachtungen, Forderungen und Analysen in der Broschüre zusammengetragen. Natürlich ahnte man bereits, daß hohe Bus-Stufen beschwerlich und Straßen ohne Zebrastreifen für Alte besonders riskant sind. Aber die Texte und Bilder schärfen die Wahrnehmung noch für viel mehr:

Wie gedankenlos gegenüber all denen ohne Adleraugen ist es, die Bundesbahn-Fahrpläne, ohnehin in winziger Schrift, auch noch ausgerechnet rot auf orange zu drucken! Oder: Reihenweise gibt es Beispiele für Bremer Altenheime oder 'Seniorenresidenzen', die keinen Fußgängerüberweg in der Nähe haben und ihren BewohnerInnen, am Stock oder im Rollstuhl, halsbrecherische Überquerungen zumuten. Apropos: Die größte Sorge der Polizei ist das unkalkulierbare Verhalten der alten Menschen, die bei Grün die Überquerung starten, dann, weil Rot einsetzt, mitten auf der Straße stoppen, zögern, umkehren, oder eben doch weitergehen. Daß das Grün aus Polizeisicht nur das Startsignal ist und bei Rot genug Zeit bleiben muß fürs rettende Ufer oder die (oft gefährlich schmale) Mittelinsel, sehen Alte oft anders. Daß einige Ampeln, immer noch viel zu wenige, inzwischen auch akustisch per Piep- oder Dauerton die Grünphase anzeigen, ist prima — aber für alte Ohren muß er laut genug und hörbar sein!

Ein umstrittenes Kapitel sind die RadfahrerInnen, die von den Alten fast durchweg als aggressive, unkalkulierbar flitzschnelle Bedrohung auf Gehwegen oder an Kreuzungen erlebt werden. Drakonische Strafen für die „Rücksichtslosen Radler“ werden in vielen Beiträgen der Broschüre verlangt. Daß Radfahrer, zugunsten der Autos mit den Fußgängern auf „Restflächen zusammengedrängt“, im Vergleich mit den motorisierten Verkehrsteilnehmern nur ein Zehntel der Unfälle mit Fußgängern verursachen, versucht der ADFC aufzuklären. Nachdenkenswert und oft mit gutem Willen zu realisieren sind eine Vielzahl von Forderungen: Deutliche, auch tastbare Abgrenzungen zwischen Geh-, Rad- und Fußweg, große Schriften auf Schildern und Plänen, Haltestellen nah bei Alten-Einrichtungen: Alte möchten sich aus ihren Wohnungen trauen können. S.P.