Castro: Nur Fremdkapital kann uns retten

■ KP eröffnet Jahrhundertparteitag/ Wichtige Minister fehlen/ Castro: Moskau ist schuld an der Krise

Havanna (dpa/afp/taz) — Altertümliche Porträts von Karl Marx und José Marti sowie die Losung „Unsere heiligste Aufgabe: Das Vaterland, die Revolution und den Sozialismus retten“ zieren die Wände des Sitzungssaales in der ostkubanischen Stadt Santiago, in der die KP Kubas am Donnerstag ihren Parteitag eröffnete — laut den staatlichen Medien das „wichtigste Treffen in diesem Jahrhundert“. So wichtig ist das Treffen, daß es unter völligem Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindet. Im Fernsehen war nur die Eröffnungsrede von Esteban Lazo zu sehen, dem Bürgermeister Santiagos.

Außerdem waren weder Fidel Castros Bruder Raul — Verteidigungsminister und zweiter Mann im kubanischen Staate — noch Innenminister Abelardo Colome anwesend. Lazo erklärte ihr Fehlen damit, daß beide auf ihren „Kommandoposten“ seien und in ihrer Wachsamkeit „nicht nachlassen“ dürften. Auch fehlten mehr als die Hälfte der 241 Delegierten aus den Reihen des Militärs.

Höhepunkt des ersten Tages war eine fünfstündige Rede Fidel Castros, in der er sich zur Revolution bekannte. „Wir sind auf uns allein gestellt“, betonte der Maximo Lider. Kuba sei von einem „Meer des Kapitalismus“ umgeben, doch werde der Kapitalismus nicht nach Kuba zurückkehren. Kuba müsse seine Wirtschaft auf den Resten der ehemals „soliden Pfeiler“ aufbauen, die die Sowjetunion und die ehemaligen sozialistischen Länder Osteuropas früher darstellten. Es sei Realität, daß „das sozialistische Lager zusammengebrochen ist, die Arbeiterklasse ihre Macht verloren hat“. Dies, und nicht eigene Mängel, sei für die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Kuba verantwortlich. Es sei nicht sicher, daß die Wirtschaftsbeziehungen zur Sowjetunion „angesichts des Prozesses der Auflösung, den diese Nation durchmacht, weitergehen werden.“

Die schlimmste Zeit für die Kubaner — die unter immer drückenderen Versorgungsmängeln leiden – stehe möglicherweise noch bevor, sagte Castro. „Im Augenblick wissen wir nicht, wieviele Tonnen Öl wir 1992 haben werden...“ Um die Wirtschaftskrise zu überwinden, müsse Kuba daher in verstärktem Maße Privatkapital aus dem Ausland ins Land holen. Die Rede wurde nur in Auszügen publik gemacht.

Nach Angaben des ZK-Sekretärs Machado Ventura werden die 1.700 Delegierten in folgender Reihenfolge diskutieren. 1.) Änderung der Parteistatuten, 2.) Programm der Partei, 3.) Verbesserung der Strukturen der Volksmacht, 4.) Wirtschaftliche Entwicklung. Der Schlußtermin des Parteitages steht noch nicht fest. Drei Journalisten aus Spanien und Italien, die mit einem Touristenvisum nach Kuba eingereist waren, wurden am Donnerstag ausgeweisen, weil sie „ohne Erlaubnis“ über den Parteitag berichteten.