Hoyerswersa-Pogrom bald vor Gericht

■ Gestern wurde gegen elf Personen Anklage erhoben/ Ermittlungen zum Tod von Mosambikaner

Dresden (taz) — Das Pogrom von Hoyerswerda kann nach Lage der Ermittlungen noch in diesem Jahr vor Gericht verhandelt werden. Gestern erhob der Generalstaatsanwalt in Dresden gegen elf Personen im Alter von 17 bis 21 Jahren Anklage. Sie seien „hinreichend verdächtig“, nicht nur Steine geworfen, sondern die Gewaltaktionen angeheizt zu haben. Gegen weitere 30 Tatverdächtige, von denen drei in U-Haft sitzen, laufen noch Ermittlungen.

Generalbundesanwalt Hertweck führte den „schnellen Ermittlungserfolg“ auf eine konzertierte Aktion von Justizministerium, Staatsanwaltschaft und Polizei zurück. Die Anklage lautet auf „schweren Landfriedensbruch“ und andere Straftaten. Hertweck kündigte Strafanträge an, die „deutlich machen, daß wir die Taten sehr ernst nehmen“. Dagegen treten die Ermittlungen um den Tod von Jorge Gomondai seit einem halben Jahr auf der Stelle. Der 30jährige Mosamikaner war in der Nacht zum Ostersonntag in Dresden von einer Gruppe Rechtsradikaler angegriffen und aus einer fahrenden Straßenbahn gestoßen worden. Im Krankenhaus erlag er seinen Verletzungen. Hertweck stellte sogar in Frage, ob in absehbarer Zeit überhaupt Anklage erhoben werden kann. Der Tathergang habe sich als „nicht so einfach erwiesen, wie er anfangs in der Presse zu lesen war“. Zeugenaussagen von Straßenbahninsassen wären sehr widersprüchlich, Unbeteiligte hätten das Geschehen zu spät wahrgenommen. Die Folge sei, wie der ermittelnde Staatsanwalt Voigt erklärte, ein „krasses Mißverhältnis zwischen den Ermittlungsergebnissen und dem Tathergang“. Der Hauptverdächtige ist gegen eine Kaution auf freien Fuß gesetzt worden.

Im Regierungsbezirk Dresden laufen derzeit 56 Strafverfahren wegen rechtsextremistisch motivierter Taten. Dafür sind 138 Täter bekannt, von denen sich 17 in U-Haft befinden. Am 6. November wird in Zittau die Hauptverhandlung gegen Jugendliche eröffnet, die im Mai ein Wohnheim für Tschernobyl-Kinder angegriffen hatten. Im Verfahren zum Mord an Neonazi-Führer Rainer Sonntag haben die beiden Hauptverdächtigen jetzt angekündigt, ihr Schweigen zu brechen. Staatsanwalt Voigt werde „demnächst“ Klage erheben. dek