Vom Doppelwesen des Blues

Das Standardwerk „Blues Fell This Morning“ erscheint nach 30 Jahren wieder. Wir bringen Auszüge.  ■ Von
Paul Oliver

Es ist heute allgemein bekannt, daß die Sklaven ihre Worksongs dazu benutzten, Beleidigungen gegen und Bemerkungen über ihre Aufseher zu singen, die sie ihnen nicht offen ins Gesicht sagen konnten, und diese Praxis hat sich bis in die fünfziger Jahre auf den Staats- und Kreisfarmen und unter den Baumwollpflückern auf den größeren Pachtgütern fortgesetzt. Ähnlich beleidigende Songs singen die italienischen Reisarbeiter, weitere sind in verschiedenen anderen Ländern entdeckt worden. Im Gruppengesang gibt es eine gewisse Anonymität, die Beleidigung des Einzelnen verliert sich in der Gruppe, und Strafmaßnahmen gegen die Sänger werden nur selten ergriffen. Darüber hinaus waren sich die Aufseher und Gruppenleiter klar darüber, daß Wut und Demütigung, die ein Ventil im Gesang fanden, sich nicht so leicht in physischer Gewalt entladen würden. Mit diesem Brauch stand auch die Gewohnheit in Zusammenhang, Blues und beleidigende Songs scheinbar an leblose Objekte, an Maultiere, an die Tiere auf der Farm oder an andere Personen in der Gemeinde zu richten, aber alle Beteiligten wußten genau, daß sie insgeheim auf die Amtsträger und die weißen Autoritäten gemünzt waren. Oft nahmen die Songs eine kraftvolle und verletzende Form an, viele waren obszöner Natur, aber sie dienten nur dazu, frustrierte Emotionen abzulassen. Das führte wiederum zu einem ähnlichen Songtypus, der sich speziell gegen andere Mitglieder der schwarzen Gesellschaft richtete — den „Dozens“.

„Putting the Dozens“ entwickelte sich als Volksspiel im späten 19. Jahrhundert. Eine Anzahl Personen kam zusammen und versuchte, sich gegenseitig an Beleidigungen zu übertreffen, die sie spontan erfanden mit dem Ziel, einen der Anwesenden so in Wut zu bringen, daß er die Beherrschung verlor. Im Verlauf des Spiels wurden viele obszöne und skandalöse Andeutungen in bezug auf die Vorfahren der Beteiligten gemacht. Manchmal wurde der Zorn derjenigen, die ungerecht behandelt oder zum Opfer von Rassenvorurteilen geworden waren, wieder zerstreut, aber manches Mal wurden die „Dozens“ auch mit der ausdrücklichen Absicht gesungen, zu verletzen und zu provozieren. Wenn eine bestimmte Person innerhalb der schwarzen Gemeinde zum Gegenstand von Feindseligkeiten geworden war, dann ging der Beleidigte dazu über, „to put his foot up“ — mit anderen Worten, er stieß die Tür seiner Hütte mit dem Fuß zu und sang einen Blues, der Beleidigungen losließ — „put in the Dozens“ —, die auf seinen Feind gemünzt waren, — „calling him out of his name“ — die seinen Namen in den Dreck zogen. Das waren die „Dozens“, die zum Ziel hatten, sich zu rächen, die Jugendlichen aber spielten die Dozens oft nur, um ihren Übermut loszuwerden, in harmlosem und fröhlich pornographischem Wettbewerb im Bluessingen.

Juke und Barrelhouse

Ein schwarzer Arbeiter, der auf Vergnügen aus war, ging in die „Jukes“ — Tanzschuppen —, wo er zechen, tanzen und all den rauhen Vergnügungen nachgehen konne, die ein solches Etablissement zu bieten hatte. Eine Fachwerkbaracke mit niedriger Veranda und leuchtend buntem Reklameschild aus Metall als äußerem Schmuck, war die Tanzhalle oft die ganze Woche über geschlossen und erwachte erst am Samstagabend zu rauhem und lärmendem Leben. Aber in der ruhigen Jahreszeit war der Tanzschuppen jeden Abend geöffnet, und die Vergnügungssüchtigen konnten „barrelhouse“ — ein Faß aufmachen — mit wilden, schweißtreibenden Tänzen zur Musik von Gitarre und Klavier. Es war „low down“ — vulgär — und die Teilnehmer wurden von den Rechtschaffenen verdammt — den „do-gooders“, dem streng zur Kirche gehenden Volk. Den „Sündern“ machte das nichts aus, sie pfiffen ihnen was, sangen den Blues und kümmerten sich nicht darum.

Doppelwesen

Wenn das Leben in Unordnung geriet, Familien auseinanderbrachen, eine Liebe verloren war, dann fiel der Blues herab. Der Blues heftete sich an die Fersen des Fortziehenden, schritt im Schatten des Notleidenden, saß mit am Tisch des Hungrigen, teilte das Lager mit dem Verlassenen. Er war der Waffenbruder derjenigen, deren Arbeit anstrengend, monoton und schlecht bezahlt war, er war der Partner des Sharecroppers, des Streckenarbeiters und des Straßenkehrers.

Man mag argumentieren, daß der Glaube an den Blues als Wesenheit, die das Leben der Menschen beeinflußt, ein Überbleibsel des afrikanischen Totemismus sei. Man könnte auch behaupten, daß er ein Ersatz für eine Gottheit sei, von denen gemacht, die keinen Glauben an die Kirche hatten, daß „Teufelsgesänge“ eine durchaus zutreffende Bezeichnung sei. Man kann mit einer gewissen Berechtigung den Blues als ein Symbol der weißen Vorherrschaft ansehen: es ist sehr wahrscheinlich, daß der Glaube aus der ständigen Unterdrückung erwuchs, die die Schwarzen in den Vereinigten Staaten Jahrhunderte lang erduldeten. Es ist unmöglich, die Gründe zu begreifen, warum Schwarze den Blues singen, wenn man nicht diese Doppelnatur des Blues als ständig anwesende Macht und als Seelenzustand in Betracht zieht, denn da liegt der Schlüssel zum Verständnis. Im Blues als Folksong gab der afrikanische Amerikaner dem Blues, den er oder sie erlebt hatte, eine Form.

Vokale Originale

Daß uns die Bedeutung des Blues oft so dunkel erscheint, kommt in vielen Fällen von den Besonderheiten der Phrasierung her, von den unterlegten Rhythmen, der Art des Timing und der Formulierung, die aber gerade die einzigartige Schönheit und die Faszination dieser Musik ausmachen. Nur tragen sie nicht zum Verständnis des Inhalts bei. Das Ineinanderfließen der Sätze, Auslassungen und Knacklaute sind ganz alltägliche Eigenschaften des Blues, die die Dramatik der Verse ungemein steigern, wenn sie die Bedeutung auch mitunter verschleiern. Die Bluessänger, heute wie damals, behandeln ihre Stimme wie ein Instrument, sie führten lang ausgehaltene Silben ein, die sich über eine Folge von steigenden und fallenden Tönen erstrecken und die gesungenen Linien zu einem Klagegeheul machen, um die Ausdruckskraft ihres Gesangs zu verstärken. Bei vielen Bluessängern war das nur zum Teil ein bewußter Vorgang, es wurde eher durch das, was ihr Song ausdrücken sollte, bestimmt und notwendig gemacht. Sie deklamierten und schrien ihre Worte in Wut und Protest heraus, klagten weich und tief in ihrer Trauer und ihrem Kummer. Manchmal nahmen die Worte aus einem scheinbar formlosen Gemurmel heraus Gestalt an, manchmal wurden sie, wie mit vokalen Hammerschlägen, im Rhythmus halb gerufen, halb gesungen. Zuweilen wurden die Worte überhaupt weggelassen, sie wurden dann ersetzt durch ein langgezogenes Stöhnen, durch gesummte Phrasen oder durch fröhliche, aber undefinierbare Silben — „scat vocals“, die ebenso beredt wie abstrakt waren. Die Worte des Sängers konnten dem Hörer brutal ins Gesicht geschleudert, mit schrillen Falsettschreien durchsetzt und schließlich leise, kaum hörbar vorgetragen werden.

Innerhalb des Blues konnte man die zwingenden Rhythmen des Worksongs und des Spirituals wahrnehmen, die den Hörer einhüllten und ihn unwiderstehlich mit einbezogen, so wie die Anfeuerungen des Anführers einer Chain Gang oder eines Predigers die Arbeiter oder die Kongregation beherrschten. Auch hier traten Bedeutung und Ausdrucksgehalt zutage, wie man sie in den Hollers des „yard and field negro“, den Rufen der Streckenarbeiter und den Freudenrufen der Teilnehmer an einem Camp-Meeting finden konnte. Die spontanen Ausrufe, die überraschenden Randbemerkungen, das regelmäßig wiederkehrende Ineinanderfließen der Zeilen und Phrasen, ob instrumental oder vokal, ob von den Begleitern oder vom Sänger und seinem Instrument, das alles band den Bluessänger an sein musikalisches Erbe. Wenn er seine Gitarre spielte, brachte er sie zum Sprechen und zum Singen, er beschwor sein Klavier, „to tell 'em ivories“ — die Elfenbeintasten reden zu lassen —, er ließ, als Ergänzung zu seiner Stimme, seine Harmonika klagen und weinen und mit ihm und für ihn sprechen. Er machte aus seinem Instrument eine zweite Stimme, versuchte aber nicht, sie zu einer menschlichen zu machen. In fast allen instrumentalen Blues kann man imitierte Passagen finden, die auf vokale Originale zurückgehen. Sie vervollständigten und erweiterten den vokalen Part und drückten aus, was die Stimme nicht sagen konnte. Dies ist die Rolle, die die Gitarre oder das Klavier des Bluessängers spielten, dies ist die Rolle, die die Begleitmusiker immer noch spielen, sei es nun in der Jugband, einer Fletcher- Henderson-Gruppe, einer Chicagoer Washboard Band oder einer Rhythm-and-Blues-Kombination.

Ihre vergleichsweise Abgeschlossenheit hat manche Schwarze veranlaßt, ihre eigenen Idiome zu entwickeln und ihre eigenen Bezeichnungen zu erfinden, von denen viele schon auf den vorhergehenden Seiten erläutert worden sind. Ohne die Kenntnis der gebräuchlicheren unter ihnen kann man vom Hörer kein Verständnis des Bluesinhalts erwarten. In vielen Fällen wurden Phrasen überliefert, deren Ursprung diejenigen, die sie gebrauchten, vergessen hatten und den der Etymologe, der Erforscher der Sprachgeschichte, oft nicht erkannte. Zweifellos gingen manche Ausdrücke auf falsche Anwendung und Nichtverstehen der Worte der Weißen zurück. Die Freude an der Alliteration, an der Bildung des Reims und das Entzücken an der Formulierung neuer und eigener Worte und Wortschöpfungen sind der Grund, daß so viele dieser Phrasen erfunden wurden und in den Sprachgebrauch eingegangen sind.

Opfer

Von dem Moment ihrer Gefangennahme und Einkerkerung in der schwimmenden Hölle der Sklavenschiffe an waren die Schwarzen der Gewalt ausgesetzt. Katholiken und Schwarze wurden vom Ku Klux Klan gleichermaßen terrorisiert, und alle Beschwörungen und phantasievollen Riten und Rangbezeichnungen wie Kleagles oder Grand Wizards, alle religiöse Heuchelei und alle Bekundungen ritterlichen Betragens konnten nicht — und können nicht — die darunter liegende Brutalität einer Mordgesellschaft verbergen. Die Kapuzen-Nachthemden, die an die Roben der Inquisition erinnern, verbergen die Identität des Einzelnen, haben aber nie über die erbärmliche Schändlichkeit dieser Maskerade hinwegtäuschen können. Es wurde behauptet, die Auspeitschungen, die Lynchmorde und Kastrationen, die von den Rittern des Klans verübt wurden, seien Strafen für Mörder, Vergewaltiger und andere Verbrecher. Aber diese Strafen wurden außerhalb der Gesetze vollzogen, es waren Verbrechen, von Weißen begangen, die richteten und verurteilten, ohne dem Angeklagten ein gerichtliches Verfahren zuzugestehen. Daß viele der Schwarzen, die gelyncht worden sind, unschuldig waren und die vorgeworfenen Verbrechen gar nicht begangen hatten, ist über jeden Zweifel hinaus bewiesen. Selbst wenn sie schuldig gewesen wären, hätte ihre Schuld nicht ihre Ermordung durch einen blutdürstigen Lynchmob gerechtfertigt. Der Klan wurde 1915 durch William Simmons, ein Methodistenprediger, wiederbelebt und zählte zu seinen Mitgliedern Polizeibeamte, Gouverneure einzelner Staaten, einen Richter des Obersten Bundesgerichts, Politiker, Männer aus allen Berufen und einen Querschnitt durch die gesamte amerikanische Gesellschaft, angesehene Bürger so gut wie Pöbel. Jeweils vier von fünf Südstaatenpolitikern waren in den zwanziger und dreißiger Jahren Mitglieder des Klans gewesen und hatten zu seinem Eigenkapital von 80 Millionen Dollar noch ihr persönlches Vermögen beigesteuert. Seit 1880 wurden mehr als viertausend Männer und Frauen — drei Viertel davon Schwarze — auf dem Scheiterhaufen getötet, baumelten, verstümmelt und vergewaltigt, als Leichen von Pappelästen, wurden mit Pechfackeln gebrannt oder mit Korkenziehern in Stücke gerissen. Die Finger der gelynchten Opfer wurden in Metzgerläden ausgestellt und widerliche „Erinnerungsstücke“ standen, in Spiritus eingelegt, in den Klanmuseen. Die Fangarme des Klans breiteten sich über alle Staaten aus, und es ist kein Wunder, daß zwar seine Ansprachen auf Grammophonplatten erhältlich waren, daß aber keine Aufnahmenbeispiele über die Aktivitäten des Klans und der Lynchmobs aufzutreiben sind. Ein Sänger konnte sich wohl an seine Erfahrungen in der Georgia Chain Gang erinnern, wenn er in den Norden geflohen und sicher vor Vergeltung war, aber er konnte nie sicher sein, daß der Klan ihn nicht aufspüren würde.

Lynchen und Auspeitschen gab es oft schon aus den nichtigsten Anlässen. Aber auch „Verdacht“ war in den meisten Staaten schon ein zureichender Grund für eine legale Verhaftung. Mehr als 27 Prozent aller Verhaftungen auf bloßen Verdacht hin richteten sich gegen Schwarze, und der Verdacht auf irgendwelche vagen und nicht genau definierten „Verbrechen“ bot häufiger als in jeder anderen Kategorie einen Anlaß zur Verhaftung. Unweigerlich ergaben sich daraus viele schreiende Ungerechtigkeiten, wenn sie auch andererseits ein minimales Maß an Vorbeugung darstellten. Das Fehlen eines nachweisbaren Lebensunterhalts, Betteln und Vagabundieren, das waren in vielen Staaten schon Gründe zur Verhaftung. Viele Schwarze wurden bestraft wegen „carnal knowledge by spying“ — geschlechtlicher Umgang durch heimliches Beobachten —, ein Vorwurf, der jede, auch die ernsteste, mißbräuchliche Interpretation zuließ. In allen Staaten außer dreien war Ehebruch ein krimineller Tatbestand. Wenn das Gesetz auch in diesen und anderen Fällen nicht immer streng angewandt wurde, so konnte doch ein mißliebiger Mensch leicht durch die skrupellose Anwendung des Gesetzes zum Opfer werden, und ein „Verdacht“ konnte genügen, einem Unschuldigen die Freiheit zu nehmen. Der Bluessänger Eddie Boyd entschloß sich schließlich, die Vereinigten Staaten für immer zu verlassen und sich in Schweden niederzulassen.

Zorn arrivierter Schwarzer

Der Blues war gegen Ende der fünfziger Jahre noch nicht tot, aber er hatte sich gewandelt. Es gab technische Veränderungen, wie das Verschwinden der 78er, die Einführung der 45er Single und der Langspielplatte, die beide die Anschaffung völlig neuer Geräte erforderten. Auch in den Juke Joints änderte sich etwas, als die Jukeboxen für Musik sorgten und man keine Musiker mehr beschäftigen mußte. Die Jukeboxen spielten auch eine Rolle bei der Verbreitung des modernen städtischen Stils in den ländlichen Gebieten.

Es gab aber auch einen Wandel in der Musik selbst. Rhythm-and-Blues-Sänger, die witzige Zeilen in ihre Texte einfügten, R&B-Gesangsgruppen und Jugbands mit viel Blech brachten neues Leben in die Musik, aber der Inhalt verarmte. Immer leichter und schneller konnte man an elektrische Instrumente kommen — nicht nur an Gitarren, sondern auch an Bässe, Harmonikas und selbst Pianos. Das führte zu einer lauteren, aufregenderen Form des City Blues, der zwar aufpeitschend und vital war, aber der kontemplativen Art des Bluesgesangs weniger Raum ließ. Tatsächlich verschwanden viele der Themen, die im Bluesgesang behandelt worden waren. Das Medium selbst war zur Botschaft geworden.

Ein weiterer Aspekt war der wachsende Reiz, den der Blues auf das weiße Publikum ausübte, sowie die Formierung weißer Bluesbands. Blues war nicht mehr ausschließlich die Domäne der Schwarzen, die sich statt dessen vielfach dem Soul zuwandten, einer Verschmelzung von Blues, R&B und Gospel. Wenn militante Schwarze eine Musik brauchten, die den Aufruhr der Gefühle in den Jahren der Civil-Rights-Kampagnen ausdrückten, fanden sie sie in Gospel und Soul. Trotz der zündenden Chicagoer Bands fing der Blues an, altmodisch zu erscheinen.

Für den „Neuen Schwarzen“, besonders aber für den Schwarzen, der gerade erst aus dem Süden angekommen war und ernstlich danach strebte, den großstädtischen Schliff, der den „Northerner“ auszeichnete, zu bekommen, für ihn enthielt der Blues Elemente des „Uncle Tom“. Der Blues der Südstaaten, Folkmusik und die Redeweise des Volkes, der Jive-Jargon und andere kreative Formen, die die Moral der Unterprivilegierten stärken könnten, bedeuteten auch die Akzeptanz der Segregation und mögen sogar als Mittel zu ihrer Unterstützung erschienen sein. Dadurch, daß sie ihrem Wesen nach Kunstformen des „Negro“ waren, betonten sie den Unterschied zwischen Farbig und Weiß. Viele schwarze Intellektuelle sahen den Blues als rückschrittlich an, als eine Art Folgeerscheinung, sie fühlten sich sogar duch das zunehmende Interesse an der afrikanischen „primitiven“ Kunst beleidigt, ein Interesse, das ihnen gönnerhaft vorkam in einer Zeit, da der Status des Schwarzen sich besserte. Obwohl es nicht zu leugnen ist, daß die Kultur der Schwarzen großes Talent für Musik, Tanz, die Bühne und andere Künste aufwies, in denen es auf dichterische Kraft, Rhythmus und Schönheit der Bewegung ankam, rief die Betonung alles dessen nur Zorn hervor. Von den Schwarzen als den „geborenen Entertainern“ zu sprechen, hieß Assoziationen hervorzurufen zu den Black-Face-Minstrelshows, der Plantage und den „Dschungelszenen“ im Cabaret. In den Tiefen der Erinnerung der schwarzen Rasse lauern immer noch die Schatten die Sklaverei, und die Kunstformen, die als Entlastung vom Elend jener Zeit entstanden, tragen für einige immer noch Spuren der speichelleckenden Unterwürfigkeit. So beleidigten die unverbildeten Künste der ungebildeten Schwarzen die kultivierten Farbigen, die um ihre volle Integration kämpften, durch die sie alle in der Kultur der gesamten Nation aufgehen könnten.

Aus dem Englischen von Lore Boas

Paul Oliver: Blues Fell This Morning . Deutsche Ausgabe, überarbeitet und aktualisiert, Hannibal Verlag, Wien, 361 Seiten mit 25 Illustrationen plus Diskographie, ca.50 DM.