Modell-China als Rettungsanker

■ Die Kommunisten in Kuba bleiben sich auf ihrem Parteitag weiter treu

Modell-China als Rettungsanker Die Kommunisten in Kuba bleiben sich auf ihrem Parteitag weiter treu

Wer vom 4. Parteitag der Kommunistischen Partei Kubas grundsätzliche Veränderungen erwartete, wird bis jetzt enttäuscht sein. Abgesehen davon, daß unter den Bedingungen hermetischer Abschottung sowieso nur Nichtssagendes nach außen dringt, ist zu erkennen, daß die kubanische Führung ihre Zukunft hauptsächlich im Gewinnen des Propagandakrieges erkennt: Der Zusammenbruch des Großen Bruders in Moskau und das unverändert harte US-amerikanische Wirtschaftsembargo sind für die Krise verantwortlich — da ersterer nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und eine Veränderung des zweiten nirgendwo zu erkennen ist, geht die Krise weiter. Die Argumentation ist simpel, die erwünschte Konsequenz auch: Kuba müsse jetzt die Ebene der staatlichen Abhängigkeiten verlassen und auf dem internationalen Kapitalmarkt sein Glück versuchen.

Was der kubanische Führung vorzuschweben scheint, ist die „chinesische Option“: Die Verbindung von Einparteienstaat und wirtschaftlicher Öffnung. Doch diese Option ist nur zur Hälfte realisierbar. Die Staatspartei hält zwar als nationalistischer Hüter der Revolutionsgeschichte im „Meer des Kapitalismus“ die rote Fahne hoch: Nicht mehr Lenin, sondern der Befreiungsheld des 19. Jahrhunderts, Jose Marti, ist nun die Referenz der sich trotz allem noch marxistisch nennenden KP. Die wirtschaftliche Öffnung kann aber, anders als in Peking, keinen hausgemachten Kapitalisten zugute kommen, sondern sie ist auf internationales Wohlwollen angewiesen. Solange sich Kuba nicht entscheidet, den härtesten Kapitalismus der Karibik einzuführen, solange jedenfalls wird das internationale Kapital nur aus Mitleid auf der Insel investieren können.

Die Staatsgastbehandlung, die der spanische Rechtspolitiker Fraga unlängst auf seiner Kuba- Reise erfuhr — offiziell besuchte er die Nachfahren galizischer Einwanderer und fand sich unversehens mit Castro beim Festbankett wieder — läßt vermuten: Spanien soll den verarmten Brüdern und Schwestern, die noch vor hundert Jahren von Madrid aus regiert wurden, aus der Pleite helfen. Vielleicht hat Havanna ja auch schon längst seinen Schalck-Golodkowski, der die gewünschten Milliarden in Miami zusammenscheffelt.

Zu befürchten ist, daß Castro die unmögliche Kombination aus nationalistischem Eifer und internationalistischer Prostitution lediglich deswegen verkündet, um das Land zu seinen eigenen Lebzeiten zusammenzuhalten zu können — nach der Maxime: „Mit mir die Standhaftigkeit in der kapitalistischen Brandung, nach mir die Sintflut.“ Und wo eigentlich steht da der neuerkorene Nationalheld Jose Marti, ist er doch gleichermaßen Symbolfigur für Castro wie seiner ärgsten Feinde in Miami? Vor genau 99 Jahren saß er jedenfalls in New York und plante die Invasion Kubas. Dominic Johnson