Kuba: Sanieren statt reformieren

■ Der Kongreß der Kommunistischen Partei beschließt eine Straffung des Parteiapparats und weitere Abkehr von „ökonomischen Anreizen“ nach sowjetischem Muster/ „Anpassung an Realitäten“

Havanna/Berlin (afp/taz) — Zumindest in einem ist Kubas Kommunistische Partei mit ihrem 4.Parteikongreß jetzt schon erfolgreich: Die Abschirmung vor der Presse funktioniert tadellos. Hatten noch am ersten Tag findige Reporter, denen die Akkreditierung in Santiago de Cuba verweigert worden war, mit einem Touristenvisum aus Havanna berichtet, so hat nach deren Ausweisung aus dem Land (darunter auch der Sonderkorrespondent des spanischen taz-Partners bei WORLD MEDIA, 'El Pais‘) die staatseigene Nachrichtenagentur das Monopol.

Über sie läßt die Partei verkünden, was sich künftig in Lande ändern soll: Das fünfköpfige Sekretariat als Exekutivorgan des Zentralkomitees, das offiziell der Überwachung der Regierungsarbeit diente, wird abgeschafft. An seiner Spitze standen bisher die Castro-Brüder Fidel und Raul. Spekulationen, damit könnte eine Trennung von Staatsapparat und Partei eingeleitet werden, gehen aber vermutlich fehl: Anzeichen dafür, daß Fidel Castro die Zügel einer der beiden Institutionen aus der Hand geben könnte, finden sich nicht, es geht offenbar um eine Straffung der Parteiarbeit und eine Übertragung von Funktionen auf das Politbüro.

Die Änderung des Parteistatuts sieht darüber hinaus vor, daß es auf allen Ebenen der Partei künftig keine stellvertretenden Mitglieder mehr, sondern nur noch Vollmitglieder geben soll. Damit werden insgesamt 82 Funktionärsposten gestrichen. In einem weiteren Reformbeschluß leitete der Kongreß die Öffnung der Kubanischen KP für Gläubige aller Konfessionen ein. Castro erklärte dazu: „Wir müssen das Vaterland, die Revolution und den Sozialismus retten, und das machen wir nicht nur mit den Kommunisten, sondern mit allen, die ihre Heimat lieben.“ Früher sei der Katholizismus die Kirche der Reichen und mit der Konterrevolution verbunden gewesen.

Um eher leichte „Anpassung an die gegenwärtige Realität“ denn um einen Kurswechsel geht es auch in einer Resolution der rund 1.700 Delgierten, die dem Zentralkomitee den Auftrag erteilt, ein neues Parteiprogramm zu erarbeiten. In dem verabschiedeten Dokument geht es darum, daß Kuba „die weitere Entwicklung auf der Grundlage seiner Ressourcen vorantreibt“ — eine deutliche Anspielung auf die stark zurückgegangenen sowjetischen Lieferungen, ob Weizen oder Ersatzteile für Maschinen. Schon in seiner Eröffnungsrede hatte Parteichef Castro eingeräumt, man wisse nicht, wieviel Öl das Land in diesem Jahr überhaupt noch von dem ehemaligen Verbündeten geliefert bekommen werde. Offene Kritik wird in dem Parteitagsdokument an dem bisherigen, am sowjetischen Modell orientierten „System ökonomischer Lenkung und Planung“ geübt. Seine Einführung in den siebziger Jahren sei ein „politischer Fehler“ gewesen, weil es zu sehr auf „persönliche Einkommen und Geld“ abgestellt sei.

Der bereits gefaßte Beschluß, künftig leichter Joint-ventures mit ausländischem Kapital zuzulassen, signalisiert daher wohl kaum eine Öffnung hin zur Marktwirtschaft. Privatkapital ist beim Hotelbau im Touristenparadies Varadero hochwillkommen — nicht aber als Eigentum von Kubanern. Auch eine Wiederzulassung der 1986 verbotenen privaten Bauernmärkte, die manche Beobachter vermutet haben, ist äußerst unwahrscheinlich — obwohl sie angesichts der schlechten Lebensmittelversorgung notwendiger wäre denn je. Sie wäre kaum mit der erneuten Betonung der moralischen gegenüber den materiellen Anreizen durch den Parteitag in Einklang zu bringen. MR