Bündnis 90 Brandenburg gegründet

Potsdam (taz) — Die Einladungen kamen als Hochzeitsanzeige: „Neues Forum und Demokratie Jetzt Brandenburg geben sich das Jawort.“ Entsprechend harmonisch ging es am Samstag in Potsdam zu, wo sich 132 delegierte Trauzeugen aus den zwei Bürgerbewegungen zur feierlichen Gründung ihres Landesverbandes mit gut 600 Mitgliedern zusammenfanden — drei Wochen nach dem bundesweiten Start.

Harmonie auch zwischen Partei und Fraktion. Der Rechenschaftsbericht des Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Günter Nooke, der Brandenburgs Ampelkoalition als Erfolg feierte, wurde mit einhelligem Beifall begrüßt — und er selbst bekam gleich die höchste Stimmenzahl bei der Wahl des Sprecherrates.

Zwei weitere Sprecher sind Mitarbeiter der Fraktion: Pressesprecher Helmut Müller-Enbergs — und ein Mann, dessen Kandidatur eigentlich mehr Diskussion hätte auslösen müssen: Bernd Reuter, erst vor wenigen Wochen als Abgeordneter zurückgetreten, weil die Stasi ihn als Informellen Mitarbeiter geführt hatte — angeblich ohne sein Wissen. Seine Version: „Ich habe mich schuldig gemacht, weil ich zu mehreren Anwerbegesprächen gegangen bin und nicht schon beim ersten Mal nein gesagt habe.“ Unbehagen bei nicht wenigen Delegierten, aber auch hier siegte das Harmoniebedürfnis, „niemanden auszugrenzen“. Reuter wurde knapp gewählt.

Und dann die Frauen: Als die Kandidatenliste vorgestellt wurde, zog die einzige von ihnen zurück — als Alibi wollte sie nicht dienen. Und siehe da, ein ermunternder Aufruf von Marianne Birthler, für Bündnis90 Bildungsministerin im Kabinett Stolpe, genügte („Frauen muß man offenbar stärker ermutigen“), und schon lag der weibliche Anteil im neunköpfigen Sprecherrat (ohne großes I) bei einem Drittel. MR