Grünes Licht für die Ampel

■ Das "Bremer Modell" als Notgemeinschaft mit Chancen

Grünes Licht für die Ampel Das „Bremer Modell“ als Notgemeinschaft mit Chancen

Vierzehn Tage nach der vernichtenden Wahlniederlage hat die Bremer SPD wieder einen Sieger. Bürgermeister Klaus Wedemeier, der als „Lieber Klaus“ den größten Verlust einer regierenden Partei in der Nachkriegsgeschichte einstecken mußte, wurde vom SPD-Landesparteitag mit überwältigender Mehrheit als Spitzenmann bestätigt. Die Parteivorsitzende Ilse Janz, von Wedemeier vor den Wahlen zur Bedeutungslosigkeit verurteilt, warf den Delegierten dagegen kurzerhand ihren Posten vor die Füße. „Die Partei wollte ein Opfer“, erkannte sie. Und das konnte angesichts der personellen Alternativlosigkeit in der Partei nun mal nicht der eigentlich verantwortliche Bürgermeister sein.

Die Personalquerelen zeigen, wie unsicher die SPD ist. Eine Unsicherheit, die auch auf die Koalitionsdiskussion durchschlägt. Vor einer rechnerisch möglichen und programmatisch naheliegenden Koalition zwischen SPD und Grünen haben alle Beteiligten aus mehreren Gründen Angst. Die Grünen, weil sie leicht zum verlängerten Arm einer abgewählten SPD werden könnten. Denn anders als in Niedersachsen, Hessen oder Berlin bringt eine rot-grüne Koalition nicht die Ablösung einer verbrauchten Regierung, sondern birgt die Gefahr eines „Weiter so“. Die SPD wiederum treibt die Sorge, ein Bündnis mit nur zwei Stimmen Mehrheit könnte schon bei der Wahl der Regierung zusammenbrechen. Neuwahlen als Ausweg aus einer solchen Situation sieht Bremens Verfassung nicht vor. Eine „Siegerkoalition“ aus CDU, Grünen und FDP scheidet nicht erst seit dem Asylwahlkampf der CDU aus. Doch die bisherigen Oppositionsparteien zeigen in Bremen soviel pragmatische politische Vernunft, daß sie gemeinsam Pflöcke einschlagen, um die Demokratisierung Bremens voranzutreiben. Mehr Oppositionsrechte in Parlament und Ausschüssen, ein direkt gewählter Ausländerbeirat und konkrete Maßnahmen gegen den „Bremer Filz“ sind bereits fest vereinbart.

Für die Regierungsbildung aber bleibt dies ohne direkte Bedeutung. Wenn Grüne und FDP verhindern wollen, daß eine große Koalition der Stagnation in Bremen regiert, dann müssen sie über ihren programmatischen Schatten springen und das Ampelangebot der SPD ernst nehmen. Es wäre die erste in den alten Ländern und die erste, die rechnerisch noch nicht einmal notwendig ist. Es wäre eine Notgemeinschaft angesichts der dramatischen Haushaltssituation Bremens, und es wäre eine Chance, der SPD endlich die bittere Erkenntnis der Wahlniederlage klar zu machen, die verkrusteten Bremer Strukturen aufzubrechen und auch bundesweit ein Signal zu setzen. Angesichts der Tatsache, daß die großen Parteien bei Wahlen immer mehr an Boden verlieren, könnte ein Bremer Ampelmodell für andere Städte, Länder und den Bund schon bald die einzige Alternative zur großen Koalition sein. Holger Bruns-Kösters