Sammellager — aber bitte human

Bei den Landesregierungen wird die Realisierung der Sammellager für Flüchtlinge und Asylsuchende geplant/ Kasernen für rund 500 Menschen, eingezäunt und bewacht, sollen die Lösung sein  ■ Von Bascha Mika

Berlin (taz) — Sammeln, kasernieren, einzäunen und bewachen. So häßlich diese Worte klingen, so wahr werden sie für Asylbewerber und Flüchtlinge in der BRD werden. Auch wenn die Bonner Debatte zum Asylrecht weitergeht, auch wenn sich die hessischen und niedersächsischen Grünen noch ein wenig wehren— in den zuständigen Referaten der Landesregierungen wird schon eifrig überlegt, wie und wo man Sammellager schaffen könnte.

15 bis 20 Lager — „Sammelunterkünfte“ nennt sie der Referatsleiter für Asylfragen — würden allein in Nordrhein-Westfalen eingerichtet. „Die Realisierung ist schwierig, denn das Land hat solche Einrichtungen nicht“, meint Godehard Elsner. Aber der Wille, den Bonner Kompromiß umzusetzen, sei da. Schließlich hat auch NRWs Innenminister Schnoor daran mitgebastelt.

Wie seine Kollegen in BadenWürttemberg, Hessen und Niedersachsen will Elsner die Asylsuchenden in Bundeswehrkasernen unterbringen. „Die Kapazitäten vor Ort, in den Kommunen, sind erschöpft.“ Deswegen werde man im größten Bundesland in den „sehr sauren Apfel“ beißen und trotz „starker Bedenken“ die Sammellösung unterstützen. „Solche Unterkünfte werden weiteres Aggressionspotential bieten“, gibt Elsner zwar zu. Aber immerhin sei in großen Lagern mit bis zu 500 Bewohnern ein effektiverer Schutz möglich als bei vielen kleinen. Ob man die Menschen dann auch noch einzäunen und von der Polizei bewachen lassen müsse? „Diese Frage wird sich stellen. Ich sehe keine Alternative.“

Eine Alternative sehen die Grünen in Niedersachsen: kleine Flüchtlingswohnheime, soziale Betreuung, Zusammenarbeit mit Flüchtlingsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden. „Bei großen Lagern wird der Schutz der Menschen ein ganz großes Problem“, heißt es im Referat für Asylangelegenheiten. „Human wäre eine möglichst freie Unterbringung. Aber aus Sicherheitsgründen muß man vielleicht einzäunen.“

Ohne gesetzlichen Druck aus Bonn wollen die niedersächsischen Grünen, die sich auf eine entsprechende Koalitionsvereinbarung mit der SPD berufen, in ihrem Land kein „Internierungslager“ einrichten lassen. Doch „inhumane Internierungslager“ — so kontert Ministerpräsident Schröder eine entsprechende Äußerung seines grünen Ministers Trittin — wolle selbstverständlich auch die SPD nicht. Aus Koalitionsräson wird man sich wohl auf „humanere Sammelunterkünfte“ einigen.

Weniger Probleme als ihre Kollegen in Niedersachsen haben die hessischen Grünen. Wenn sie „menschenwürdig und sozial gestaltet“ sind, hat Fraktionssprecher Rupert von Plottnitz gegen sechs Wochen Sammelhaft nichts einzuwenden. Außerdem habe man in Hessen ja schon eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende in Schwalbach und ein großes Aussiedlerheim in Gießen, erklärt die Pressereferentin der zuständigen Ministerin Irsis Blaul. Wenn jetzt noch zwei oder drei weitere Sammelunterkünfte dazukämen, „können wir uns nicht sträuben“. Allerdings stünden die entsprechenden Koalitionsverhandlungen noch aus.

In Bonn wird währenddessen weiter um das gestritten, was vom Asylrecht als Recht noch übriggeblieben ist. Während die FDP auf Wolfgang Schäuble schimpft — der sich bereits einen Tag nach dem Bonner Kompromiß erneut am Artikel 16 vergreifen wollte —, bekommt der Innenminister Rückendeckung von seinem Kanzler. Vor dem CDU-Vorstand verlangte Kohl gestern nach wie vor eine Änderung des Grundgesetzes.