Schneiders Einfluß begrenzt

■ Ludger Volmer verlangt strafrechtliche Verfolgung des Stasi-Agenten

Bonn (taz) — Dirk Schneider, so Grünen-Sprecher Ludger Volmer gestern vor der Presse in Bonn, habe als eingeschleuster Stasi-Agent eine ganz bewußte Kooperation mit dem SED-Regime betrieben. Möglicherweise gehe auch der Verrat geplanter Aktivitäten und die Verhaftung von DDR-Oppositionellen auf Schneiders Konto. Volmer forderte neben anderen Maßnahmen auch die strafrechtliche Verfolgung des Falles.

Um „Licht in das Geflecht von Agententätigkeiten zu bekommen“, sollte auch die PDS ihre Archive offenlegen. Von ihnen verspricht sich Volmer mehr Aufschluß über SED- Einflußnahmen auf die Grüne Partei. Nach den Fällen Guillaume und Schneider müsse Stasi-Agententätigkeit zudem in allen Parteien vermutet werden. Volmer setzte sich für die Überprüfung auch der ehemaligem Bundestagsabgeordneten ein. Wenn die „Politik aus den Fängen der Geheimdienste“ befreit werden solle, dann gelte das aber auch für Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst. Die Grünen verlangen, daß alle Aktivitäten dieser beiden Dienste in grünen Zusammenhängen aufgedeckt werden. Und schließlich müsse die Bundestagsgruppe der Grünen/Bündnis 90 endlich einen Sitz in der Parlamentarischen Kontrollkommission erhalten.

Die grüne Deutschlandpolitik sieht Volmer allerdings durch die Enttarnung von Schneider nicht pauschal in Frage gestellt. In kritischer Abgrenzung zur sozialdemokratischen Entspannungspolitik hätten die Grünen einen originären Ansatz entwickelt, der offizielle Kontakte und Entspannung auf staatlicher Ebene und die Unterstützung der Oppositionsbewegungen verband. Dirk Schneider habe immer seinen eigenen politischen Akzent setzen wollen, sei aber in der Bundestagsfraktion mit seinen Versuchen, DDR- Oppositionelle zu denunzieren, nie durchgedrungen. Die deutschlandpolitische Doppelstrategie, die die Beziehungen zur Bürgerbewegung einschloß, habe Schneider nicht torpedieren können. Der politische Einfluß des Stasi-Agenten auf die praktische grüne Politik sei begrenzt gewesen, zumindest in der Bundestagsfraktion. Auch wenn noch intensiv nachgeforscht werden müsse, welche Aktivitäten Schneider zu verantworten habe, müsse festgehalten werden, daß die Unterstützung der Bürgerbewegungen in der ehemaligen DDR praktische Politik der gesamten Grünen Partei gewesen sei. CB