Opfer und Täter

■ Bonn will die Ostpensionen für "Verfolgte des Faschismus" halbieren - weil viele Kommunisten waren, aber auch, um Honecker zu strafen

Opfer und Täter Bonn will die Ostpensionen für „Verfolgte des Faschismus“ halbieren — weil viele Kommunisten waren, aber auch, um Honecker zu strafen

Kämpfer gegen den Faschismus“ soll es ab dem nächsten Jahr nicht mehr geben — zumindest rentenrechtlich nicht. Mit ihrem Ansinnen, die Sonderrenten für 10.055 in der ehemaligen DDR lebende Kommunisten, Sozialisten und andere Menschen, die gegen Hitler gekämpft haben, radikal auf die Hälfte zu kürzen, spart der Bund 95 Millionen Mark. Die 70- bis 90jährigen dürfen sich zukünftig mit dem Durchschnittssatz der im Westen gezahlten Beiträge für gesundheitliche Schäden bescheiden — das sind 750 Mark. Damit wird an den ostdeutschen Opfern das exekutiert, worunter die westdeutschen Opfer seit Jahrzehnten leiden. Dann werden sie alle gemeinsam mit denselben lächerlichen Almosen abgespeist werden.

So weit, so schlecht. Der eigentliche Skandal verbirgt sich hinter der Begründung für das einheitliche Rentenunrecht. Und die geht so: Die „Ehrenpensionäre“ und „Opfer des Faschismus“ sind häufig Kommunisten. Sie waren es in der Illegalität während des Nationalsozialismus. Sie blieben es in der DDR, „ihrem Staat“, in dem es manche von ihnen zu einem hohen Posten brachten. Einige wurden zu Tätern — Honecker zum Beispiel erhält eine Pension von 1.700 Mark. Deshalb soll seine Rente nun auch nicht halbiert, sondern gleich ganz gestrichen werden. Keine Mark zuviel für die Günstlinge des SED-Regimes?

Die Bundesregierung will das Recht der Opfer des Nationalsozialismus gegen das Unrecht der Opfer in der DDR aufrechnen. So werden die Opfer zu Tätern umdefiniert. Und die können froh sein, daß sie überhaupt noch ein paar Mark kriegen. Doch das Leiden in Nazi-Zuchthäusern und Konzentrationslagern bleibt. Die Opfer des Nationalsozialismus, die zu Tätern in der DDR wurden, sind tragische Existenzen. Wenn gegen sie strafrechtlich etwas vorliegt, muß strafrechtlich gegen sie ermittelt werden. Eine Auseinandersetzung per Rentenrecht aber ist perfide und kleinkariert. Erich Honecker hat Jahre im Zuchthaus zubringen müssen. Ihm und allen anderen seien die 1.700 Mark gegönnt. Klaus Hillenbrand