KOMMENTARE
: Gute und böse Rüstungsexporte

■ Die Aufforderung des IWF an die Dritte Welt, die Militärausgaben zu kürzen, ist nicht mehr als ein Appell: Schwerter werden nicht so schnell zu Pflugscharen

Streicht den Rüstungsetat zusammen und investiert das Geld gegen Hunger und Armut in der dritten Welt! Vor drei Jahren, als IWF und Weltbank sich zur Jahrestagung in Berlin versammelten, forderten die parallel tagenden Umwelt- und Dritte-Welt-Initiativen — neben Schuldenstreichungen für die armen Länder — genau das von den reichen Industrieländern, die als Mehrheitsaktionäre die Politik der beiden Währungsorganisationen bestimmen. Niemand hätte damals geglaubt, daß sich die Herren hinter dem Glas und Beton des Berliner Kongreßzentrums „der Forderung der Straße beugen“ würden, so die Sprechblase aus der Zeit, bevor Demonstranten die Mauer zu Fall brachten.

Heute in Bangkok sitzt das einstige Reich des Bösen mit an den Konferenztischen. Da predigen ausgerechnet IWF-Direktor Michael Camdessus und Weltbankpräsident Lewis Preston vor der Gemeinde der Finanzminister und Notenbankchefs das „Schwerter zu Pflugscharen“ der Friedensbewegung. Die Industriestaaten könnten so ihre Haushaltsdefizite abbauen, die Zinsen könnten sinken, die Weltwirtschaft bekäme einen Wachstumsschub, der auch den Entwicklungsländern nützen würde. Die Dritte-Welt-Länder könnten durch Abbau ihrer Militärausgaben die freiwerdenden Devisen in den Sozial- und Bildungsetat umschichten. Und alles wird gut.

Manches könnte tatsächlich besser werden — wenn der Internationale Währungsfonds denn nach seinem neuen Credo handeln könnte. Und das kann der Fonds nur gegenüber den Ländern, die auf seine Kredite angewiesen sind, den Staaten der dritten Welt also. Denn Geld vom IWF bekommt ein Land nur unter bestimmten Bedingungen, man nennt das Konditionalitäten. Die härteste Konditionalität ist seit Jahren die Verpflichtung, den Staatshaushalt zu sanieren und die Wirtschaft auf den Export auszurichten.

Mit der neuen Konditionalität Rüstungsabbau wird deshalb zunächst gar nichts gut, sondern manches paradox: Brasilien muß vom IWF gelobt werden, wenn es — als inzwischen größter Rüstungsexporteur nach den Industrieländern — viele Waffen ins Ausland verkauft und dafür Devisen einnimmt. Thailand wiederum wird vom IWF dafür getadelt, daß es von Brasilien AMX-Raketen kauft — weil es für teure Devisen Waren importiert. Und wie soll der IWF der waffenstarrenden Türkei die Kredite kürzen?

In den Entscheidungsgremien von IWF und Weltbank wird der Nato-Partner besonders von der Bundesrepublik protegiert — die gemeinsam mit Japan hinter den USA auf Platz zwei der IWF-Finanziers steht und mit entsprechend hoher Stimmenzahl ausgestattet ist. Genausowenig werden sich die Vereinigten Staaten ihre Waffenverkäufe an Pakistan verbieten lassen, obwohl das Land wohl bald gegen den Nachbarn Indien losschlagen wird, der von der Sowjetunion nicht mehr hochgerüstet wird.

Schwerter werden also erst dann tatsächlich zu Pflugscharen, wenn in den Industriestaaten die Appelle des IWF-Direktors Regierungsprogramm werden. Donata Riedel