INTERVIEW: Opfer des türkischen Angriffs waren Zivilisten und nicht die PKK
■ Der Filmemacher Hans-Peter Weymar über seinen Besuch in den bombardierten kurdischen Dörfern im Nordirak
Der Filmemacher Hans-Peter Weymar war mit einer Delegation im Nordirak und besuchte die von der türkischen Armee bombardierten kurdischen Dörfer.
taz: Kannst du die Orte, die ihr besucht habt, beschreiben?
Weymar: Wir haben insgesamt drei Dörfer besucht. Begova, Banik und eine Siedlung in unmittelbarer Nähe von Banik. Die Häuser waren zerstört. Man sah die Brandspuren. Wir haben Reste von Bomben gesehen. Es sind mit Sicherheit Brandbomben eingesetzt worden. Napalm mit Sicherheit, aber wahrscheinlich auch Phosphor. Von den kleinen Hütten in Begova, die aus Holz zusammengebaut waren, ist so gut wie nichts übriggeblieben. Von den 200 Menschen, die einst in dem Ort gelebt haben, waren gerade noch sechs geblieben. In Begova gab es keine Toten, aber fünf Menschen sind verletzt worden. In dem Teil des Gebietes, welches wir bereist haben, gab es insgesamt neun Tote und 25 Verletzte.
Was dachten die Einwohner, als sie die Flugzeuge sahen?
Die Leute haben übereinstimmend berichtet, daß sie die Flugzeuge zuerst für alliierte Flugzeuge gehalten haben, die Lebensmittel abwerfen. Ein altes Ehepaar erzählte uns, daß sie zu der Stelle gelaufen sind, an der ein großer Behälter abgeworfen worden war. Diejenigen, die sehr nah drangekommen sind, haben schwere Verbrennungen erlitten.
Wie reagierten die Kontaktstellen der Alliierten in Zakho?
Wir sind zur Militärischen Koordinationszentrale (MCC) gegangen. Eine offizielle Stellungnahme lehnten sie ab. Informell haben sie uns bestätigt, daß sie in den Dörfern gewesen sind und die Zerstörungen gesehen haben. Aber sie sagten, daß wir es nicht weitergeben sollten.
Die Türkei begründete die Bombardements mit der Existenz von Stellungen der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) im Nordirak. Sind PKK-Lager getroffen worden?
Es ist unfaßbar. Wir haben ja Lager der PKK besucht. Sie sind überhaupt nicht von den Bombardements berührt worden. Zivilisten waren die Opfer. Ich glaube, die Bomben der türkischen Armee sollten die Bevölkerung gegen die PKK aufhetzen. Das heißt: Wir beschießen euch, solange hier die böse PKK ist.
Wie ist die Situation im Krankenhaus von Zakho?
Menschen mit schweren Verbrennungen überall. Ein Opfer, das jetzt im Krankenhaus liegt, sagte, es hätte die Bombe gar nicht wahrgenommen. Es sei wie Sand auf ihn zugekommen, und er hätte versucht, es mit Wasser abzuwaschen. Wir haben ein halbes Dutzend Menschen mit schweren Verbrennungen gesehen. Das Krankenhaus in Zakho benötigt dringend Schmerzmittel und Antibiotika. Interview: Ömer Erzeren
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