Die Lust am Untergang

■ Die Grünen vor der Ampel

Nun weiß es jeder, die Ampel kommt. Wedemeier will sie, die FDP will sie, und die Grünen machen mit. So schwierig das Aushandeln einer solchen Koalition auch sein wird, sie erscheint als der einfachere Weg. Das mögliche Bündnis von SPD und Grünen setzt voraus, daß die Wahlverlierer zuvor ihre politische Bilanz ziehen und sich dann in den Stand setzen, mit den Grünen eine neue Politik für Bremen zu konzipieren. Das wäre zwar keine Pioniertat, die Republik ist von der Kommune bis zum Land voll solcher Bündnisse, ob Bremens SPD jedoch in der Verfassung ist, jetzt zu neuen politischen Horizonten aufzubrechen, muß bezweifelt werden. Der Spitzenkandidat kann die Partei jedenfalls nicht in diese Diskussion führen.

Statt mit den Bremer Grünen, die von jeher Realos sind, auch nur das Bündnis auszuloten, geht es mit Macht von Anfang an in die heterogene Ampelkoalition, die keine Politik aus einem Guß erlaubt, sondern partikulare Interessen bündelt. Am besten fährt dabei die FDP. Ihre Ampelangst war Eingeweihten nie verständlich. Finanzsenator Jäger wird im Stande sein, mit dem Karlsruher Spruch in Bonn ein wenig Geld zu holen und sich ins rechte Licht zu setzen. Das hilft dann bei den nächsten Wahlen weiter. Am Ende sind die Grünen nicht mehr nötig. Ab '95 steht dann langfristig wieder das alte neue Bündnis von SPD und FDP, schon immer Sehnsucht Bremer Bürgermeister.

Daß eine SPD, die an die Stelle neuer Politik Koalitionstaktiererei setzt, in absehbarer Zeit wieder alleine regieren könnte, ist eine Illusion, die auch im Rathaus keiner hat. Bremen tritt wieder in das Koalitionszeitalter ein. Die Entpolitisierung der Basis folgt unausweichlich. Mehr denn je wird Politik hinter den Kulissen ausgehandelt werden.

Wir wollen unterstellen, daß die Grünen nicht nur regierungsgeil sind, wenn sie sich jetzt entschließen, das Spielchen mitzumachen. Sie sind grünäugig genug, eigenes Profil zu erhoffen. Sie sehen nicht, daß die Signale dieser Ampel einzig ihren Untergang bedeuten. Wedemeier und Jäger müssen darauf aus sein, die Grünen in der Koalition zu schwächen. Die Ampel kann keine Dauerlösung sein. Da Wedemeier Rot-Grün nicht will, muß er die Chancen der Grünen schmälern. Daß Jäger ihre Schwäche will, versteht sich sowieso.

Wer im Senat war, der weiß, daß jeder Erfog am Gelde hängt. Die „äußerste Haushaltsdisziplin“, wie Wedemeier den kommenden Armutskurs nennt, wird die Grünen in ihren Ressorts schnell an das Ende bringen. Mit Bau und Kultur ist ohnedies nur Frust zu holen. Grüne austerity ist angezeigt. Das schwächt.

Dabei zwingt die Grünen keiner in die Ampel. Sie hätten warten können. Mit der FDP allein geht es nicht. Die Koalition mit der CDU zu verhindern, ist selbst die schlaffe SPD noch stark genug. Wer also zwingt die Grünen in die Ampel? Die Lust am Amt? Die ist vorübergehend. Die Lust am Untergang ist da schon überzeugender. Thomas Franke