Ausstellung über Charlotte Salomon

■ Kreuzberger Kids benennen ihre Schule nach jüdischer Malerin, die Symbol für Integration darstellt

Kreuzberg. »Wie Juden in Deutschland verfolgt wurden« und »Fremdenhaß heute« sind die zentralen Themen einer Ausstellung in der Charlotte-Salomon-Schule, die anläßlich der Namensgebung dieser Grundschule in Kreuzberg eröffnet wurde. Die Ausstellung setzt den Schlußpunkt hinter die Projektwoche, in der sich SchülerInnen und LehrerInnen mit dem Leben und Schaffen der Jüdin Charlotte Salomon auseinandersetzten. »Wir hätten nicht gedacht, daß dieses Thema heute wieder so an Aktualität gewinnen würde«, sagte der Schulleiter Detlef Blankenburg. »Doch bei der Arbeit in den Klassen fielen den Kindern Parallelen zwischen Judenverfolgung im Dritten Reich und dem heutigen Fremdenhaß auf.« Auf der einen Seite steht die Chronologie der Ereignisse in der Nazizeit, auf der anderen Zeitungsausschnitte über Hoyerswerda und die jüngsten Übergriffe auf AusländerInnen.

Die Wahl fiel auf die Charlotte Salomon, weil die LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen auf jeden Fall eine Frau zur Namensgeberin machen wollten. Außerdem sollte sie eine Künstlerin sein und den Integrationscharakter der Schule unterstreichen — hier werden behinderte und nicht- behinderte Kinder zusammen unterrichtet. Ebenso bezieht sich die Integrationsfunktion auf Ausländerkinder. »Dieser Anteil ist allerdings in der letzten Zeit zurückgegangen, denn viele Ausländerfamilien sind aus Kreuzberg hinaussaniert worden«, sagte der Schulleiter.

Gleich nach den großen Ferien waren das Leben und die Bilder der jüdischen Namensgeberin vorherrschende Themen in allen Klassen. In der Projektwoche selbst malten die SchülerInnen Charlottes Bilder nach, bereiteten eine Dia-Show vor, in der sie selbstgemalte Bilder abfotografiert hatten und diese mit Text und Musik unterlegten. Eine zweite Klasse hatte die Wohnung von Charlotte Salomon nach der Vorlage eines ihrer Bilder nachgebaut. »Jede Klasse bekam eine Stellwand, die sie während der Projektwoche füllen mußte«, so Blankenburg.

Charlotte Salomon wurde mit 26 Jahren 1943 im Konzentrationslager Auschwitz umgebracht. Ihre Mutter hatte Selbstmord begangen, als Charlotte sieben Jahre alt war. Nach dem Tod ihrer Mutter heiratete ihr Vater 1930 Paula Lindberg. Zwischen 1940 und 1942 begann Charlotte Salomon mit ihrem Zyklus Leben oder Theater, der rund 1.000 Bilder umfaßt.

»Wir haben Charlottes Stiefmutter, die 94jährige Paula Lindberg, ausfindig machen können, die heute in Amsterdam lebt«, berichtete der Schulleiter. »Während der Projektwoche kam sie in die Grundschule und hat sich mit rund 40 Kindern unterhalten.« Die Kids hätten viele Fragen gestellt, zum Beispiel so harmlose wie nach Charlottes Lieblingsgericht, aber auch solche, wie es im Konzentrationslager gewesen sei. Susanne Landwehr