Die kosmopolitischen Puckjäger

■ Seit einigen Wochen gibt es die Eishockey-Alpenliga mit Klubs aus Italien, Österreich und Slowenien Die neue grenzüberschreitende Puckjagd wurde zum sportlichen, finanziellen und politischen Erfolg

München (taz) — Slowenisch?, Deutsch?, Italienisch? Oder gar Russisch oder Englisch? In der gerade mal ein paar Wochen alten Eishockey-Alpenliga ist das Spachgewirr groß, erstmals in Europa spielen Klubs aus drei verschiedenen Ländern einen gemeinsamen Meister aus. Die Alpen-Meisterschaft kam vor einem Jahr ganz plötzlich zustande. Die drei slowenischen Klubs Olimpia Lublijana, HC Bled und HC Jesenice sprachen bei der B-WM im heimischen Lublijana davon, sich entweder der östereichischen oder der italienischen Meisterschaft anzuschließen. Dort dachte man seit langem selbst, aber etwas halbherzig, über eine gemeinsame Liga nach. Unter Druck gesetzt, einigte man sich dann innerhalb weniger Tage auf eine Alpenliga in zwei Gruppen.

Zu den drei slowenischen Klubs kamen sieben österreichische und zehn italienische Vereine. Deren Möglichkeiten sind allerdings unterschiedlich. Die Italiener setzen auf insgesamt mehr als 100 Italo-Kanadier, der HC Mailand komplettierte seine 17 Sport-Italiener mit vier „echten“ Legionären. Die slowenischen Vereine haben für die vier ihnen zustehenden Ausländerplätze Profis aus der Sowjetunion geholt, in Österreich holte man sogar ein paar NHL-Profis, und Austro-Kanadier ließen sich plötzlich problemlos einbürgern.

Die Alpenliga hat Österreich einen Eishockey-Boom beschert. „Wirtschaftlich, sportlich und politisch ein voller Erfolg“, reibt sich Verbandspräsident Hans Dobida (62) die Hände. Die Zuschauerzahlen haben sich teilweise verdreifacht, beim Spitzenreiter der Gruppe A, dem VSV Villach war die Halle mit ihren 4.000 Plätzen mehrfach ausverkauft. Mit diesen Einnahmen lassen sich die längeren Reisen gut finanzieren, und mit den Sponsoren kann man besser verhandeln. Die österreichischen Klubs haben Etats zwischen einer und 1,7 Millionen Mark. Villach brachte das Kunststück fertig, den hochfavorisierten HC Mailand daheim nach einem 0:4 Rückstand noch 8:5 zu besiegen.

Für Hans Dobida ist der Höhenflug der Villacher keine große Überraschung. „Die haben gut in NHL- Profis investiert.“ Die Ausländer sind in der Regel Vollprofis, während die Österreicher meist Halbtags-Jobs haben. Villach, das in der heimischen Meisterschaft zuletzt dreimal Zweiter wurde, will nun in das Alpenliga-Finale der besten Vier — dem Gesamtsieger winken 150.000 Mark Titelprämie. Für die österreichische Bundesliga gibt es obendrein Bonuspunkte. Als Gesamtfavoriten gelten allerdings die von Berlusconi finanzierten Mailänder Devils, die in Gruppe B minuspunktfrei führen.

Das Schiedsrichter-Problem wurde auf Wunsch der Italiener originell gelöst: Aus Angst vor Manipulationen wollten sie für inneritalienische Duelle österreichische Pfeiffenmmänner, und so ist es auch geregelt. Bei innerösterreichischen Spielen bestimmen Schiedsrichter aus Slowenien, innerhalb Sloweniens Italiener. Die Österreicher glauben, daß ihre Nationalmannschaft von der Alpenliga profitiert. Dobida: „Unsere Spieler sind jetzt viel stärker gefordert.“ Die Nationalmannschaft will mit 18 in Österreich geborenen und fünf eingebürgerten Cracks im nächsten Jahr bei der extra nach Klagenfurt und Villach geholten B-WM das schaffen, was bei der WM im Vorjahr nur um ein Tor im letzten Spiel verpaßt wurde: Der Aufstieg in die A-Gruppe.

Die Beteiligten fühlen sich dabei als Vorreiter länderübergreifender Meisterschaften. Französische und tschechoslowakische Vereine haben bereits Interesse an der Alpenliga signalisiert. „Doch so groß soll die Liga nicht werden“, schränkt Dobida ein, der in Europa an regionale Gruppen denkt. Ein ähnliches Beispiel gibt es mittlerweile auch im Basketball, wo seit diesem Jahr Vereine aus Ungarn, Österreich und der CSFR in einer Liga spielen. Und schließlich wurde in Österreich für die Fußballer eine sogenannte Adria- Liga angedacht mit Vereinen aus Kroatien, Slowenien und Österreich.

In Kroatien und Slowenien ruht aber derzeit der Spielbetrieb, und Österreichs Fußball-Präsident Beppo Mauhardt sagte nach den jämmerlichen Auftritten der Nationalmanschaft bei der EM-Qualifikation: „Wir sollten uns ein Reservat suchen, wo nur noch Österreicher gegen Österreicher spielen.“ Damit wäre man allerdings völlig gegen den Trend... Falk Madeja