432 Verfahren wegen rassistischer Anschläge

Bonn (afp) — In Zusammenhang mit rassistischen Anschlägen auf Flüchtlinge sind in diesem Jahr bereits 432 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Diese Zahl nannte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Reinhard Göhner. Allein in Sachsen wurden insgesamt 27 Haftbefehle wegen des Verdachts der Straftaten gegen Asylbewerber erlassen.

Nach Auffassung des ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hellenbroich, sind die zahlreichen Bombendrohungen in den neuen Ländern und der mißglückte Sprengstoffanschlag auf die Bahnstrecke Dresden-Leipzig am Montag morgen Tätern der rechtsextremen Szene zuzuordnen. Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Hans Ludwig Zachert, sieht in den jüngsten Anschlägen und Übergriffen gegen Asylbewerber ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotential. Bemerkenswert sei, so Zachert, daß trotz des schlimmen Anschlags im sächsischen Hoyerswerda etwa drei Viertel der Straftaten in den alten Bundesländern erfolgt seien. Er schließt nicht aus, daß die Anschläge von Saarlouis und Hoyerswerda eine „Signalwirkung“ gehabt haben. Er bezeichnete es zum gegenwärtigen Zeitpunkt als sehr schwierig zu entscheiden, ob die Vorfälle aus Gründen der politischen und ideologischen Äußerung oder aus blankem Ausländerhaß und Lust an der Randale begangen worden seien.

Im niedersächsischen Lilienthal (Landkreis Osterholz) ist es in der Nacht zum Mittwoch zu zwei Übergriffen auf Wohnheime von Asylbewerbern gekommen. Verletzt wurde nach Polizeiangaben aber niemand. Es entstand geringer Sachschaden. Zunächst warfen Unbekannte mit einem Kinderfahrrad eine Fensterscheibe einer Asylbewerberunterkunft ein, in der sich zwei Menschen aufhielten. Etwa eine Stunde später randalierten vier Vermummte vor einer anderen Unterkunft, in der eine türkische Familie mit sechs Kindern wohnt. Sie warfen Brandsätze ins Haus und riefen ausländerfeindliche Parolen. Für ein gesamtgesellschaftliches Bündnis gegen die Ausländerfeindlichkeit hat sich das Bündnis90 ausgesprochen. Der Kampf gegen die Ausländerfeindlichkeit dürfe „nicht zur linken Sache verkommen“, sagte Erhard Müller vom Sprecherrat.