Wirtschaftsressort wollte die ganze Macht

■ Umstrukturierung der Wirtschaftspolitik zunächst zurückgestellt / Beratungsunterlagen kamen erst nach der Wahl

BGWA und HAGÖF, WfG und BBB, HVG und TFG, die Abkürzungen, hinter denen sich entscheidende Instrumente bremischer Wirtschaftspolitik verbergen, sind so zahlreich wie verwirrend. Das Prinzip aber ist einfach. Der Wirtschaftssenator, ausgestattet mit Finanzmitteln aus dem Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm, verteilt sein Geld an private Gesellschaften, die sich im Staatsbesitz befinden. Diese Gesellschaften, die über Aufsichtsräte kontrolliert werden, in denen sich fast ausschließlich Mitglieder der Exekutive befinden, subventionieren, akquirieren, strukturieren und repräsentieren, unbelästigt von der Kontrolle parlamentarischer Gremien.

Aber ganz offensichtlich funktionierten die verschachtelten Strukturen der Wirtschaftsförderung nicht zur vollsten Zufriedenheit bremischer Wirtschaftspolitiker. Deshalb haben das Finanz- und das Wirtschaftsressort kurz vor Legislaturperioden-Schluß dem Senat ein dickes Papier zugeleitet, mit dem die „operativen Arme“ der Wirtschaftspolitik neugeordnet und darüber hinaus mit zusätzlichen Aufgaben betraut werden sollten. Doch das federführende Wirtschaftsressort hatte zu langsam gearbeitet: Gut 14 Tage nach der Wahl wollte der Senat die künftige Struktur der Wirtschaftspolitik denn doch nicht mehr festzurren und nahm die Vorlage deswegen nur zur Kenntnis. Mit diesem Thema muß sich jetzt die neue Landesregierung beschäftigen.

Dann ist auch zu entscheiden, welche Rolle die mächtige Wirtschafts-Förderungsgesellschaft und ihr Chef Hartmut Schmädecke künftig spielen sollen. Schmädecke muß sich seit geraumer Zeit dafür kritisieren lassen, daß er sein Akquisitionsglück zu sehr in Fernost gesucht und dabei die Bemühungen in Deutschland und Europa vernachlässigt habe. Zwar werden das Asean Pacific Trade Center und das Japanische Internat in Oberneuland in der Vorlage ausdrücklich als wirtschaftspolitischer Erfolg gewertet, doch die Kritik folgt und liest sich so: „Das zu breite Aufgabenspektrum der WfG hat zur Folge, daß die bundesweite Akquisition in den letzten Jahren zu kurz gekommen ist, da keine entsprechenden personellen Ressourcen, gerade auf der operativen Geschäftsführungsebene, zur Verfügung standen.“ In Zukunft, so der Vorschlag, soll die WfG verstärkt in Deutschland und Europa nach ansiedlungswilligen Firmen suchen und das „Bremer Business Bureau“ sich um die inernationale Kontaktpfelge kümmern. An der BBB sollen sich auch die Bremer Lagerhausgesellschaft und die Hafenwirtschaft beteiligen, eine Idee, die schon einmal gescheitert ist. Die Hafenwirtschaft hatte der WfG bislang eher die kalte Schulter gezeigt, wenn es darum ging, gemeinsame Büros zu gründen und vor allem zu finanzieren. Und auch Interessenten für die Geschäftsführungsebene werden bereits gehandelt. So soll Beckmeyers Staatsrat, Frank Haller, bislang nebenamtlich WfG-Geschäftsführer, Lust haben, hauptberuflich in die Wirtschaftsförderung einzusteighen, wenn er in einer rot-grünen-gelben Koalition nocht mehr gebraucht wird.

Wirtschaftressort will Bremer Veranstaltungskalender bestimmen

Zu den bereits vorhandenen „operativen Armen“, so lautet ein weiterer Vorschlag, soll eine ganz neu zu gründende Holding kommen. Die soll dafür sorgen, daß Bremen auf dem Veranstaltungs-und Messemarkt an Bedeutung gewinnt. „Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft (HVG)“ so lautet der vorläufige Name für die Muttergesellschaft, die fünf Kinder zu betreuen hätte: Neben der Stadthalle, der Glocke, der Sport-und Freizeit GmbH sollen eine Tourismusförderungs-und eine Messegesellschaft gegründet werden. Über einen Veranstaltungsfond, den es zu verteilen gilt, hätte der Wirtschaftssenator dann künftig auch entscheidenden Einfluß darauf, welche Kultur-, Sport-oder Messeveranstaltungen mit Subventionen nach Bremen geholt werden sollen. Und auch die Bremen- Werbung will sich die Wirtschaftsbehörde am liebsten unterschnallen. Die soll vom Rathaus gelöst und „möglichst eng“ mit den Gesellschaften der Wirtschaftsförderung verbunden werden.

hbk