Treuhand-Sektor im Zwielicht

■ IG-Metall-Chef Steinkühler will den ganzen Laden auflösen und Holding gründen

Berlin (taz) — Krumme Geschäfte bei der Treuhand: Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen Vorstandsmitglied Wolf Klinz wegen des Verdachts der Untreue. Klinz ist der Vorgesetzte von Treuhand-Direktor Harald Lang, zuständig für den Industriesektor Elektrotechnik, gegen den die Staatsanwälte ebenfalls ermitteln. Im Gegensatz zu Lang, der bereits nach Bekanntwerden der Überprüfung durch die Innenrevision um seine Beurlaubung gebeten hatte, hält die Treuhand bis dato an Klinzens Unschuld fest. Die Treuhand hat immer wieder betont, Wolf Klinz habe die Verträge mit den Westunternehmern auf der Grundlage von Unterlagen akzeptiert, die ihm „fälschlich“ vorgelegt worden seien. Bislang habe noch nicht geklärt werden können, ob dies absichtlich oder irrtümlich geschehen sei.

Die Ermittlungen der Berliner Staatsanwaltschaft sollen klären, ob es bei dem umstrittenen Verkauf des Geräte- und Reglerwerkes in Berlin-Teltow zu „Unregelmäßigkeiten“ gekommen ist. Nach vorliegenden Verträgen sollte der ostdeutsche Betrieb, dessen Vermögenswert mit rund 130 Millionen Mark beziffert wird, zum Spottpreis von nur einer Mark an die westdeutschen Unternehmer Claus Wisser und Roland Ernst verramscht werden. Diese Verträge sind nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft nicht nur von Harald Lang unterzeichnet worden, sondern auch von Treuhand- Vorstand Wolf Klinz.

Dennoch: Getreu der Devise „Im Zweifel für den Beschuldigten“ verteidigte gestern ein Treuhand-Sprecher Wolf Klinz: „Der Vorstand stellt sich vor Klinz. An personelle Konsequenzen wird daher nicht gedacht.“ Über die Verträge verhandelt die Treuhand derzeit wieder. Und zwar wieder mit Wisser und Ernst.

Die komplette Auflösung der Treuhandanstalt hat der IG-Metall-Vorsitzende Franz Steinkühler gefordert. Um den Betrieben in den neuen Bundesländern zu helfen, sei es besser, sie als eigenständige Unternehmen zu erhalten und zu sanieren, anstatt sie durch Verkauf in den Westen zu privatisieren, sagte Steinkühler. Dazu solle eine Treuhand-Industrie-Holding gegründet werden, in die alle sanierungsfähigen Betriebe aufgenommen würden. Die Holding solle nicht zentral wie die Treuhand, sondern regional organisiert sein. Seine Vorschläge seien Teil eines Konzepts, das die IG Metall demnächst offiziell vorstellen werde. itz