Maronen besser nur einmal die Woche

■ Nicht bei allen Pilzen ist Tschernobyl Geschichte / Tips für Pilzsammler

Fünf lange Jahre war Pilze sammeln ein zweifelhaftes Vergnügen. Tschernobyl und Bequerel hatten das Gros der Pilzsammler aus dem Wald vertrieben. Fast makaber, aber den Pilzen hat es gut getan. Sie hatten Gelegenheit, sich zu regenerieren, die Sporen keimen zu lassen und sich zu vermehren.

Deutlich mehr Pilze gibt es jetzt und deutlich geringer ist die Strahlenbelastung. „Die meisten Speisepilze kann man jetzt wieder unbedenklich essen“, erklärt Pilzberater Heinz Schwanghart. Eine Entwarnung für die Pilzsammler ist dies aber nicht: Maronenpilze sind immer noch mit 300-600 Bequerel pro Kilogramm belastet. „Mehr als eine Maronenpilzmahlzeit pro Woche kann ich nicht empfehlen“, warnt der Pilzberater. Unbelasteter sind da Riesenbovisten, Pfifferlingen oder Champignons, die auf vielen Wiesen zu finden sind.

Vor dem Sammeln jedoch steht die gründliche Information. Pilze verändern ihr Aussehen. Ein Fliegenpilz zum Beispiel verliert seine markanten Flecken mit dem Alter. Zu leicht kann ein giftiger Pilz mit einem Speisepilz verwechselt werden. Unbekannte Pilze sollten vorsichtshalber im Wald gelassen werden.

Ein Weidenkorb gehört zum Sammel-Spaziergang dazu, denn Pilze brauchen Luft. Auch auf dem Transport. Eine Plastiktüte ist deshalb doppelt ungeeignet. Stattdessen sollten lieber die natürlichen Rohstoffe des Waldes genutzt werden. „Einen Tannenzweig auf die Pilze legen - das erhält das Aroma“, gibt Karl-Heinz Schwanghart einen Tip.

Um das öko-System Wald nicht zu stören, darf man die Pilze auch nicht aus dem Boden reißen, sondern muß sie vorsichtig herausdrehen. Denn was Pilzsammler aus dem Waldboden ernten, ist nur der Fruchtkörper. Das Pilzgewebe darunter aber ist wichtig, um den Pilzbestand zu erhalten. Am besten ist es deshalb außerdem, das Sammelgut gleich an Ort und Stelle zu beschneiden und zu säubern. Dann bleiben die Sporen nämlich dort, wo sie hingehören: im Waldboden. Findet sich im Korb aber doch einmal ein unbekannter Pilz, sollte er in Papier eingewickelt werden. Falls er giftig ist, könnten sonst die anderen Pilze verdorben werden.

Der Gang zum Pilzberater lohnt allemal: Der Experte kann nämlich nicht nur etwas über die Giftigkeit sagen, sondern auch über die mögliche Strahlenbelastung Auskunft geben. Denn beim Pilzberater liegen die vierteljährlich erscheinenden Listen des Institutes für Wasser, Boden und Luft bereit, die über die aktuellen Verstrahlungswerte von Pilzen und Wildbeeren informieren.

Sollte es trotz aller Vorsicht nach dem Verzehr von Pilzgerichten Probleme geben, ist die Giftnotzentrale die richtige Adresse. In Bremen ist sie zu erreichen unter Tel. 5010 bei Vergiftungen von Kindern und unter 5268 bei Vergiftungen von Erwachsenen.

Pilzberater gibt es in Bremen, Delmenhorst und Elisabethfehn.

Bremen: Bernd Grauwinkel, Tel. 0421/564435

Delmenhorst: Karl-Heinz Schwanghart, Gesundheitsamt Delmenhorst, Tel. 04221/1552619

Elisabethfehn: Apotheke am Moor, Tel. 04499/1588

Silke Gräser