: Millionär als One-Dollar-Man
■ Ion Tiriac arbeitet zweimal im Monat werbewirksam in der Olympia-GmbH Neben den vielen prominenten Zugpferden fehlen nun nur noch die Arbeiter
Berlin (dpa/taz) — Grüttke ist weg, Tiriac kommt. Zwar nicht als Geschäftsführer der Olympia GmbH, aber als Berater wird der Sportpromoter für Olympia 2000 in Berlin arbeiten. Nach einem Gespräch mit dem Regierenden Bürgermeister, Eberhard Diepgen, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Olympia GmbH ist, sagte der Rumäne zu, zwei Tage im Monat kostenlos für die GmbH zu Verfügung zu stehen. Allerdings wird der Millionär bei diesem Job wahrscheinlich auch nicht leer ausgehen, immerhin ist die Beratertätigkeit mit kostenloser Werbung für Tiriac, einen der größten der Sportwerbebranche, verbunden.
Wie man im Sport Geld macht, weiß Tiriac genau. Er war bereits mit 16 Jahren Verteidiger der rumänischen Eishockey-Nationalmannschaft und gehörte zur Olympia- Mannschaft 1960 und 1964. Mit 18 wurde er Mitglied des rumänischen Davis-Cup-Teams. 1968 stand er auf dem achten Platz der Tennis-Weltrangliste. Mit Ilie Nastase gewann er dreimal das Doppel im Davis-Cup- Finale und einmal die offenen französischen Meisterschaften.
Ilie Nastase kam dann recht bald in den Genuß der „betreuerischen“ Fähigkeiten Tiriacs. Nach ihm wurden unter anderem Guillermo Vilas und Henri Leconte von Tiriac betreut. Zum beiderseitigen Vorteil arbeitet auch Boris Becker mit Tiriac zusammen und garantiert ihm dafür 10 Prozent der Preisgelder und 30 Prozent seiner Werbe- und Nebeneinnahmen. Schätzungen über Tiriacs Verdienst an Becker liegen bei weit über 15 Millionen D-Mark.
Daß Tiriac Sportspektakel organisieren und veranstalten kann, hat er schon öfters bewiesen: Er vermarktete die Schwimmweltmeisterschaften 1990 im australischen Perth, veranstaltet Tennisturniere in Stuttgart und Essen, ist bei internationalen Reitturnieren wie in Bremen dabei und wird voraussichtlich bei der Olympiade in Barcelona für die Deutschen arbeiten. Außerdem vermarktet er die Spiele des deutschen Davis-Cup-Teams.
Inwieweit Ion Tiriac bei all diesen Verpflichtungen noch Zeit für Berlin hat, ist fraglich. Wichtiger scheint Diepgen der Name zu sein und der Erfolg, der mit dem Namen verbunden ist. Überhaupt die Namen: Michael Groß ist „Chef“ der Berliner Olympia Botschafter, Steffi Graf, Boris Becker, Franz Beckenbauer und Lothar Matthäus gehören zum diplomatischen Personal. Und jetzt der „One-Dollar-Man“, der low- budget-Honorarkonsul Ion Tiriac. Vielleicht macht sich Diepgen ja jetzt mal auf den Weg und sucht eine/n, die/der das ganze organisiert. Mit „goodwill“-Personal kann er keine Olympiade veranstalten. joe
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