Zur Nachahmung empfohlen
■ „Hello Mrs. Robinson“, DFF, 21.30 Uhr
Am äußersten Rand Europas — da wo die (katholische) Kirche noch mitten im Dorf steht, wo Scheidung und Abtreibung illegal sind und die Babies nur so in die Welt hineinpurzeln — geschah vor zwölf Monaten Ungeheuerliches: Eine Feministin und prominente Menschenrechtsanwältin wurde zur Präsidentin gewählt. Ein Jahr danach ist Mary Robinson hierzulande fast in Vergessenheit geraten. Nicht so in Irland. Dort ist die Politikerin mit den unkomplizierten Umgangsformen und der gewissenhaften Art, Dinge anzugehen, populärer als irgendeiner ihrer männlichen Vorgänger in dem höchsten Staatsamt.
Mit Vorliebe kümmert sie sich um alte Menschen, Nicht-Seßhafte und andere sozial Schwache. Doch bei der liebevollen Zuwendung allein bleibt es nicht. Robinson ist ihrer eigenen Geschichte treu geblieben. Auch wenn sie jetzt eigentlich nur repräsentieren soll, nutzt sie ihre Auftritte regelmäßig zu Nadelstichen — meist für die Sache der Frauen.
Das war schon immer ihr großes Thema: Als Rechtsanwältin verfocht sie das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof in Straßburg. Sie stritt für das Recht auf Abtreibung und das auf Ehescheidung. Daneben vertrat sie auch die Klage gegen das irische Anti-Schwulengesetz aus dem vergangenen Jahrhundert, das Homosexualität weiterhin unter Strafe stellt.
Mit der Reportage Hello Mrs. Robinson hat das DFF der streitbaren Präsidentin eine Liebeserklärung gebastelt. Robinson erklärt, daß sie ihr Amt liebt. Und alle anderen erklären dem Reporter, daß sie ihre Präsidentin lieben — selbst der katholische Bischof scheint begeistert. Die Sympathie für Robinson bestimmt auch den Ton im Film. Einzig die männlichen Berufsbezeichnungen für Robinson — der erste Präsident — zeigen, daß auch Reporter Walter Heinz noch ein paar Lektionen in Feminismus brauchen könnte.
Ein (männlicher) Passant brachte die Botschaft nach außen auf den Punkt: „Hoffentlich machen uns das andere europäische Länder nach.“ dora
