Strom aus Holzkohle

■ Uni-Forschungslabor erprobt Do-It-Yourself-Stromerzeugung für die Dritte Welt

Strom ex machinaFoto: Beate Ramm

Hühnerdraht, Zement, Holzkohle, ein ausrangierter Automotor und ein Generator — damit können Menschen in Ländern der Dritten Welt Strom für den täglichen Bedarf produzieren. Das fanden die Mitarbeiter des Fachbereichs Produktionstechnik an der Universität Bremen in ihrem Forschungslabor heraus. Ihr Ziel war es, mit einfacher Technologie und möglichst billig einen Holzkohlevergaser zu bauen, der sich auch im Dauerbetrieb bewährt — und diese Technik schließlich Menschen zugänglich zu machen, die keinen Strom haben.

Drei wissenschaftliche Mitarbeiter, fünf Studenten und ein Techniker arbeiten seit drei Jahren im Forschungslabor Energie und Umweltsysteme (FLEUS) an dem Holzkohlevergaser-Projekt, das durch die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit des

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Bundesministers für Forschung und Technologie finanziert wird. Die Produktionstechniker knüpften Kontakt zu Universitäten und Instituten in Argentinien, Malaysia, Botswana und Bangkok. Jüngst kehrten sie von einer achtwöchigen Reise aus Argentinien heim.

Im argentinischen Norden wird Forstwirtschaft hauptsächlich für die Papierindustrie betrieben. Dabei fällt Abfallholz an, das, zu Holzkohle verbrannt, die Anlage betreiben kann. Und die wiederum kann den Strom für die Bandsägen im Sägewerk liefern oder andere Maschinen in Landwirtschaft und Fabriken antreiben. In Argentinien seien die Holzkohlenvergaser auf reges Interesse gestoßen.

Zum Beispiel in einem Dorf von Wanderarbeitern, die sich durch Forstwirtschaft und Tischlerarbeiten seßhaft und selbständig gemacht haben. Oder bei Menschen, die staatlichen Grund und Boden besetzt haben, dort Baumwolle anbauen und mit der Regierung um die Überlassung ihrer Äcker verhandeln. Sie alle leben in einfachen Behausungen und versorgen sich weitgehend selbst. Elektrischer Strom ist für sie zu teuer.

Ein Gruppe von Ingenieuren eines argentinischen Forschungsinstitutes hatte bereits im letzten Jahr im Uni-Labor hospitiert, um dann in der Heimat den ersten Holzkohlevergaser nachzubauen. Eine kirchliche Entwicklungshilfeorganisation wiederum brachte die Techniker mit Bauern zusammen, die die zweite Anlage gemeinsam errichtet haben. Der Unterschied zu früheren Anlagen: Die Holzkohlenvergaser aus dem Bremer Uni-Labor sind in der Herstellung so billig, daß jede Dorfgemeinschaft sie sich leisten kann. Und auch von der technischen Unterstützung sollen die Anwender bald unabhängig werden.

Im Universitätslabor kocht Wasser auf normalen Küchenherden, brennen reihenweise Glühlampen und Neonröhren, brummt ein Heizlüfter, rauscht ein Fernseher. Die Generatoren und Motoren knattern ohrenbetäubend. Überall stehen Behältnisse mit Holzkohle. Mehrere Zementtonnen stehen in einer Zementwanne von rund anderthalb Meter Durchmesser im Wasser. Das ist die Kühlung. In den Zementtonnen befinden sich der Brenner und Filteranlagen für das Gas aus der Holzkohle.

Ein Mischer gibt Luft dazu und fertig ist das Gemisch, das hier einen alten Ford-Granada-Motor antreibt, einen normalen Benzinmotor, bei dem nur der Zündungszeitpunkt verstellt ist. Der wiederum betreibt — mit nur einem Drittel seiner früheren Leistung — den Generator, der so viel Strom produziert, wie 200 60-Watt-Birnen verbrauchen.

Im Forschungslabor befindet sich noch eine weitere Anlage in Stahlbauweise. Verschiedene Motoren und Filter werden getestet und ständig Gasanalysen durchgeführt. Betreibt die Anlage einen Dieselmotor, müssen noch 20 Prozent Dieseltreibstoff hinzugegeben werden. Im Gegensatz zu der reinen Gas-Anlage, die keine Stickoxyde und kaum Gifte produziert, ist die Diesel- Variante nichts für feine Nasen.

Und wie steht es um die Umweltfreundlichkeit des Holzkohlenvergasers — trägt er nicht zur Waldrodung noch bei? Wilfried Richter, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projektes: „Der Brennstoff steht als Abfallprodukt der Holzwirtschaft reichlich zur Verfügung.“ Fossile Brennstoffe würden eingespart, und die Abgase seinen nicht — wie bei diesel- oder benzinbetriebenen Motoren — mit Stickoxiden belastet.

Bisher laufen die Vergaser nur mit Holzkohle. Das Holz muß durch die Pyrolyse (Verbrennen) von flüchtigen Bestandteilen und Teeren gereinigt werden. Besser wäre es, wenn der Vergaser gleich mit Holzabfällen oder landwirtschaftlichen Abfällen betrieben werden könnte. Das sehen die Mitarbeiter des Projektes als Aufgabe für die Zukunft an. Beate Ramm