Iren sind menschlich

„The Pogues“ touren mit Joe Strummer  ■ Harald Keller

Die Trunkenbolde von der Folkpunk- Formation „The Pogues“ sind weit weniger anarchisch gesonnen, als es bisher den Anschein hatte. Unter lautem Absingen der Hymne Wir sind der Folk probten die sonst im Rampenschatten plazierten Gesellen den Aufstand, da sie die alkoholischen Exzesse und promillebedingte Unzuverlässigkeit ihres Frontmanns Shane McGowan nicht länger hinnehmen mochten. Nun haben sie einen Kariespatienten weniger in ihren Reihen.

Der japanische Sake soll dafür verantwortlich sein, daß McGowan von seinen bisherigen Kumpanen höflich, aber bestimmt zur Demission überredet wurde. Während der kürzlichen Japan-Tournee war das ewige Sorgenkind des National Health Service infolge überreichlichen Reisweingenusses dermaßen weggetreten, daß er aus dem Tourbus fiel und sich eine schwere Kopfverletzung zuzog. Resultat des Vofalls: die Absage des für den nämlichen Abend geplanten Auftritts. Der Rausschmiß des wegen ähnlicher Kapriolen bereits früher in die Schlagzeilen geratenen Sängers erfolgte einige Tage später.

Wenn man der britischen Musikpresse glauben darf, ist McGowan keinswegs unglücklich über den Vorfall. Schon während der Vorbereitung des letzten Albums Hell's Ditch muß es offenbar zu Auseinandersetzungen innerhalb der Band gekommen sein, unter anderem über die Auswahl der LP-Titel. Zwei McGowan-Kompositionen, Aisling und Pinned Down, fanden keine Gnade vor den Augen der anderen Bandmitglieder, was das Schrotkehlchen mit der zum Markenzeichen gewordenen verkarsteten Mundlandschaft wohl arg verärgerte. In Joe Strummer, dem seit geraumer Zeit unausgelasteten, wenn auch jüngst dank der Levi's-Werbung mit vermutlich unwartetem Tantiemensegen beglückten ehemaligen Gesangs- und Sprachrohr der „Clash“, fand sich ein prominenter Ersatzmann, weiland bereits mit den irren Iren alliiert anläßlich der kinematographischen Kinderei Straight to Hell. McGowan, der den Pogues nach wie vor freundschaftlich verbunden ist, kommentierte die Wahl mit den Worten: „Eine großartige Idee.“

Denkbar also, daß für die Konzerte der nun anstehenden Deutschlandtournee I Fought the Law einstudiert wurde, womöglich sogar Should I Stay or Should I Go als folkloristisch-akustische Reprise, oder so ähnlich. Der geschaßte McGowan dagegen werkelt bereits an einem neuen Projekt, wofür er sich der Mithilfe des einst bei „Thin Lizzy“, „Motörhead“ und „Frankie Miller“ tätigen Gitarristen Brian Robertson versichert hat — eine vielversprechende Paarung.

The Best of The Pogues, East West Records

Tourneedaten: 29.10. Fürth, 30.10. Offenbach, 31.10. Münster, 1.11. Hannover, 3.11. Kiel, 4.11. Berlin, 6.11. Mannheim, 7.11. Köln, 9.11. München, 10.11. Wettingen, 11.11. Stuttgart, 12.11. Freiburg