Tehiya kehrt Shamir den Rücken

Rechtspartei scheidet zu Beginn der Nahost-Konferenz aus Israels Koalitionsregierung aus/ Innere Probleme bei der Palästinenserdelegation/ Arabische Staaten wollen sich in Damaskus abstimmen  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Das Ausscheiden der ultranationalistischen Tehiya-Partei aus der israelischen Koalitionsregierung stellt das politische Überleben von Shamir und seinem Kabinett zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Frage — jedenfalls nicht, solange die anderen rechten Kritiker der Nahost-Konferenz diesem Schritt nicht folgen. Tehiya hatte am Sonntagabend angekündigt, das Kabinett am 30. 0Ktober, dem ersten Tag der Konferenz, zu verlassen. Auch dann verfügt Shamirs Koalition noch über eine knappe Mehrheit von 63 von 120 Stimmen im Parlament. Aber selbst wenn alle anderen Parteien, die Konzessionen an die arabischen Nachbarstaaten ablehnen, dem Beispiel von Tehiya folgen, kann Shamir notfalls mit einer Minderheitsregierung im Amt bleiben, denn die oppositionelle Arbeiterpartei hat dem Ministerpräsidenten bereits für diesen Fall ihre Unterstützung zugesichert.

Shamir hat jedoch die Möglichkeit, nach der Eröffnungsrunde in Madrid für eine „Auszeit“ zu optieren. Unter Verweis auf die Lage in Israel könnte er sich vorrübergehend aus der zweiten, bilateralen Gesprächsrunde zurückziehen, bis Neuwahlen stattgefunden haben. Der Verlauf der Dinge wird vom Start des Verhandlungsprozesses abhängen — und der Frage, inwieweit sich die israelische Regierung erneut mit den USA anlegen will.

Bei den letzten Vorbereitungen für die Konferenz kam es gestern zu neuerlichen, diesmal innerpalästinensischen Problemen. Der Palästinenserführer Faisal al Husseini aus Ostjerusalem verschob die Veröffentlichung der Namensliste für Madrid, weil die palästinensische Kommunistische Partei Einspruch gegen seine „undemokratischen Methoden“ und die „einseitige Auswahl“ der Delegierten erhob. Da die Kommunisten bislang die einzigen Partner von PLO-Chef Arafats Al Fatah in den Reihen des palästinensischen Verhandlungsteams sind, kann Husseini diese Kritik nicht völlig ignorieren. So gehört zu den Forderungen der KP auch, daß die Zusammensetzung der Delegation die verschiedenen politischen Kräfte unter den Palästinensern widerspiegeln muß. Diese Kritik bezieht sich auch auf die Beratergruppe, die sich ausschließlich aus Anhängern von Fatah zusammensetzt.

Die PLO setzte unterdessen ihre Bemühungen fort, eine mögliche Isolierung der Palästinenser bei der Konferenz zu verhindern. Am Mittwoch wollen sich die Außenminister der teilnehmenden arabischen Staaten in der syrischen Hauptstadt Damaskus treffen, um die Chancen für eine gemeinsame Haltung zu sondieren. Ein PLO-Funktionär erklärte in Amman, die PLO wolle die einzelnen Regierungen dazu verpflichten, „keinen separaten Friedensvertrag mit Israel zu unterzeichnen, ehe eine gerechte und umfassende Lösung des Palästinenserproblems erreicht ist“. PLO-Chef Arafat, der sich zusammen mit der syrischen Führung für ein Gipfeltreffen stark gemacht hatte, reiste gestern von Amman weiter nach Kairo. Anschließend will er sich nach Paris begeben, wo auch eine Begegnung mit dem sowjetischen Außenminister Boris Pankin geplant ist.

Der Chef der radikalen Gruppierung PFLP-Generalkommando, Ahmad Jibril, drohte unterdessen den palästinensischen Delegierten für die Konferenz unterdessen mit ihrer Ermordung. „Sie haben sich selbst zu Tode verurteilt“, erklärte Jibril am Rande einer Palästina-Konferenz in Teheran.