Geldstrafe gegen Menschenrechtler Zülch

■ GfBV-Chef wegen Kistenknackens bei MBB verurteilt

München/Göttingen (taz) — Ein Münchner Amtsgericht hat den Bundesvorsitzenden der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Tilman Zülch, zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 DM verurteilt. In Begleitung mehrerer JournalistInnen und Kamerateams war Zülch am 6.September vergangenen Jahres unter einem Vorwand in ein Lager des Rüstungsunternehmens Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) in Ottobrunn bei München eingedrungen. Die GfbV hatte zuvor erfahren, daß in der Halle mehrere Dutzend versandfertige Kisten mit Ersatzteilen für Kampfhubschrauber bereitstanden, die an die irakische Luftwaffe geliefert werden sollten. Um diesen Vorgang öffentlich zu machen, hatte Zülch vor laufenden Kameras eine Kiste aufgebrochen und ausgepackt.

„Nicht wir, sondern der Waffenproduzent Messerschmitt-Bölkow- Blohm hätte bestraft werden müssen“, übte Zülch in Göttingen harsche Kritik an dem Richterspruch. Dieses „sogenannte Urteil im Namen des Volkes“ sei ein Skandal. „Alle Rechtsstaaten dieser Welt“ stellten Zivilcourage, um Menschenleben zu retten, höher als eine zerbrochene Kiste. Er frage sich, so Zülch, „wann die Münchner Richter und Staatsanwälte den Mut finden, gegen ein Unternehmen vorzugehen, das skrupellos Waffen liefert“. Nach Informationen der GfbV hat MBB dem Irak seit 1978 60 Helikopter verkauft, die in Österreich und Spanien zu Kampfhubschraubern umgerüstet worden seien. Mit MBB- Hubschraubern bombardierte die irakische Armee 1988 kurdische Dörfer und Städte mit Giftgas. Auch am 2. April dieses Jahres sollen 250 kurdische und assyrische Flüchtlinge in der Schlucht von Galie Dola bei Bamani mit MBB-Hubschraubern angegriffen und beschossen worden sein. Reimar Paul