piwik no script img

Revisionverfahren im Fall Werner Lotze

■ RAF-Aussteiger Lotze war zu zwölf Jahren verurteilt worden/ Bundesanwalt setzte auf Kronzeugenregelung

Karlsruhe (afp) — Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt am Mittwoch in Karlsruhe in einem Revisionsverfahren über den Fall des ehemaligen Mitgliedes der Rote Armee Fraktion (RAF), Werner Lotze. Der Ex-Terrorist wurde Anfang des Jahres vom Obersten Bayerischen Landesgericht wegen Polizistenmordes, mehrfachen Mordversuches im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den früheren Nato-General Alexander Haig und anderer Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die Bundesanwaltschaft hatte für neun Jahre unter Anwendung der Kronzeugenregelung plädiert und Revision beim BGH eingelegt.

Der inzwischen 38jährige Lotze war im Sommer 1979 aus der RAF ausgestiegen und in die damalige DDR übergesiedelt. Nach seiner Festnahme im Juni vergangenen Jahres legte Lotze ein umfassendes Geständnis ab und belastete sich schwer. Bei der Verhandlung vor dem 3. Strafsenat hatte der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Wolfgang Pfaff, noch betont, daß die Aussagen Lotzes von „außerordentlicher strategischer Bedeutung für die Terrorismusbekämpfung“ seien. Er sprach dem Fall Lotze „Pilotfunktion“ zu und plädierte dafür, die „Kronzeugenregelung großzügig anzuwenden“. Die Münchner Richter betonten demgegenüber in der mündlichen Urteilsbegründung, daß eine „Signalwirkung“ für das Gericht unerheblich sei und die „kriminalpolitische Wirkung“ nicht zum vorrangigen Zweck der Kronzeugenregelung werden dürfe.

Die Bundesanwaltschaft dementierte inzwischen Berichte, wonach sie ihre Ansicht geändert und versucht habe, den Berliner Verteidiger Lotzes zu einer Rücknahme der Revision zu überreden. Das sei von dem Anwalt jedoch abgelehnt worden. Nach der Strafprozeßordnung kann die Revision der Bundesanwaltschaft zugunsten eines Beschuldigten nur mit dessen Einverständnis zurückgezogen werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen