Wacklige Grabsteine

Pfaffenhausen (taz) — Am 10. Oktober berichtet die 'Wahrheit‘ von den oberflächlich begrabenen Pfaffenhausener Leichen, die gerade dabei waren, ihre Gräber zu verlassen. Der Vorgang war damals allen Betroffenen äußerst peinlich. Kaum hatte man jedoch die Toten ordentlich zugedeckt, kam es zu einem neuen Skandal: Die Grabsteine bewegen sich! Damit bleibt der Pfaffenhausener Leichenacker der spannendste Friedhof der Republik.

Zehn Tage ist es her, da wurde in Pfaffenhausen (Landkreis Unterallgäu) eine bundesweit beachtete Tieferlegungsaktion auf dem Gemeindefriedhof abgeschlossen. Weil der Totengräber des Ortes in den vergangenen beiden Jahren mächtig geschlampt hatte, waren zwölf Särge nicht tief genug vergraben worden. Der Friedhof wurde daraufhin für die Öffentlichkeit gesperrt, und das Gesundheitsamt in Mindelheim ordnete an, die Särge tiefer einzubuddeln.

Wie uns der Bürgermeister von Pfaffenhausen am Dienstag mitteilte, wurde der ehrenamtliche Totengräber inzwischen gefeuert. Voraussichtlich werden Bestattungen künftig von einem gewerblichen Unternehmen durchgeführt. Kosten der Tieferlegungsaktion: rund 15.000 Mark.

Doch kaum ist diese Aktion abgeschlossen, gibt es schon wieder Wirbel um den Pfaffenhausener Friedhof. Zehn Grabsteine stehen derart wacklig auf dem Gräberfeld, daß sie umzukippen drohen. „Wenn ich kräftig hin und her rüttle, dann könnte ich die zum Einstürzen bringen“, beschreibt Bürgermeister Notz die peinliche Situation. Bei der jährlichen vom TÜV vorgeschriebenen „Rüttelprobe“ habe der zuständige Mitarbeiter des Standesamtes festgestellt, daß die Standfestigkeit der Grabsteine nicht gewährleistet ist. Knallrote Aufkleber an den Gräbern mahnen jetzt die „Grabbenutzungsberechtigten“, wie es im Amtsdeutsch heißt, sie mögen doch bitte die dekorativen Erinnerungsbrocken in Ordnung bringen.

Gleichzeitig, so der Bürgermeister, seien die Betroffenen schriftlich von den Mißständen in Kenntnis gesetzt worden. „Ich muß allerdings sagen, daß diese auf jedem Friedhof übliche Kontrolle zum psychologisch ungünstigen Zeitpunkt vorgenommen wurde“, kommentiert Ludwig Notz die Prüfaktion.

Dem Nachbarbürgermeister, der eine ähnliche Prüfung dieser Tage durchführen ließ, hat Notz empfohlen, sicherheitshalber ein Protokoll über die wackligen Grabsteine anzufertigen. In Pfaffenhausen jedenfalls zeichnet sich heuer ein Rekord an wackligen Grabsteinen ab. Klaus Wittmann