Oliver North packt aus

■ Reagan hat nach Angaben seines einstigen Mitarbeiters alles über die „Iran-Contra-Affäre“ gewußt

New York (dpa/taz) — Noch vor wenigen Jahren hatte er triumphale Auftritte im Fernsehen, wurde unter anderem wegen Zerstörung und Fälschung von Dokumenten zu drei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt — und war trotzdem ein Volksheld. Inzwischen ist der Skandal, den er mit verursachte, fast begraben, er selbst aus dem Rampenlicht verschwunden. Folglich hat sich Oliver North, Ex-Oberstleutnant der US- Armee und ehemaliges Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates entschieden, seine Memoiren zu veröffentlichen.

Unter dem bezeichnenden Titel Under Fire („Unter Beschuß“) behauptet North, was so manche Beobachter reaganscher Außen- und Geheimdienstpolitik immer schon vermutet haben, aber nie beweisen konnten: Daß Ronald Reagan über den Verlauf der „Iran-Contra-Affäre“ bestens informiert war. Damit nicht genug, hat das Weiße Haus laut North wenige Wochen, bevor der Skandal 1986 öffentlich wurde, eine Strategie ausgearbeitet, um den Präsidenten zu decken.

Damals wurde publik, daß die Reagan-Administration Erlöse aus geheimen Waffenlieferungen an das Khomeini-Regime im Iran unter Mißachtung des US-Kongresses an die anti-sandinistischen Contras weitergeleitet hatte. Drahtzieher war unter anderem Oliver North — von einer in Sympathie schwelgenden US- Öffentlichkeit bald liebevoll „Ollie“ genannt. Er landete neben den Ex-Sicherheitsberatern John Pointdexter und Robert McFarlane vor einem Untersuchungsausschuß des Kongresses und wenig später dann vor dem Richter. Das Urteil ist allerdings inzwischen aufgrund von Verfahrensfehlern wieder aufgehoben worden.

Ronald Reagan überstand die Affäre weitgehend unbeschadet — unter Berufung auf sein notorisch schlechtes Gedächtnis. Er bestritt beständig, irgendetwas von der Angelegenheit gewußt zu haben. In Norths Memoiren liest sich das allerdings anders: „Ronald Reagan kannte und genehmigte einen großen Teil von dem, was sich sowohl in der Iran-Initiative als auch in den privaten Bemühungen für die Contras ereignete, und er wurde regelmäßig und detailliert über beides unterrichtet.“ Und der Memoirenschreiber fügt noch hinzu: „Ich habe keinen Zweifel daran, daß er über die Verwendung der Erlöse informiert wurde, und daß er sie unterstützte. Enthusiastisch.“

Ein anderer, der sich in der „Iran- Contra-Affäre“ auf Ahnungslosigkeit berief, ist mittlerweile auf dem besten Weg, seine Karriere fortzusetzen. Robert Gates, von Präsident George Bush nominierter Kandidat für das Amt des CIA-Chefs, war zur Zeit des „Iran-Contra-Skandals“ die Nummer zwei im CIA. Trotzdem behauptet er bis heute steif und fest, von den illegalen Operationen nicht unterrichtet gewesen zu sein. Der Geheimdienstausschuß des Senats beließ es bei dieser Aussage und bestätigte den ausgewiesenen Hardliner letzte Woche mit elf zu vier Stimmen in seinem Amt. Die endgültige Entscheidung muß noch das Senatsplenum fällen.

Ollie North dagegen bleibt nur das Selbstmitleid. In seinen Memoiren beklagt er sich, daß Reagan ihm keine Amnestie gewährte und nichts gegen den eingesetzten Sonderstaatsanwalt Lawrence Walsh unternommen hat. Nur über eine Frage schweigt sich North beharrlich aus: Wieviel wußte George Bush über den „Iran-Contra-Deal“ ? Der amtierende Präsident wird, so kurz vor dem Wahlkampf, so viel Diskretion gewiß zu schätzen wissen. anb