Nölle for (Vize-)President

■ CDU-Fraktion setzt ihren Spitzenkandidaten aufs Bürgerschafts-Podium / Erlenwein abgewählt

Nachdem die SPD aus ihrer vernichtenden Wahlniederlage den Schluß gezogen hat, so viele alte Köpfe wie möglich auf ihrem Posten zu belassen, folgt nun auch die CDU diesem Motto. Am Dienstag abend bestätigte die neue, um sieben auf 32 Abgeordnete vergrößerte CDU-Fraktion bis auf eine einzige Ausnahme ihren alten Fraktionsvorstand. Spitzenkandidat Ulrich Nölle wurde dagegen nach eigenem Wunsch nur auf den rein repräsentativen Posten des Vize-Präsidenten der Bürgerschaft weggelobt. „Nölle hat in der Bremer Bevölkerung ein sehr hohes Ansehen. Das läßt sich hervorragend mit dem Vize- Präsidenten-Amt koppeln“, begründete der alte und neue CDU- Fraktionsvorsitzende Peter Kudella diese Entscheidung.

Nölle habe von vornherein erklärt, daß er zwar für ein Amt im Senat aus dem Sparkassen-Vorstand ausscheiden würde, nicht aber für die einfache parlamentarische Tätigkeit, betonte Kudella gestern. Schließlich sei es immer gut, „wenn Abgeordnete Verbindung zur Berufswelt halten“. Als reinen Repräsentationsposten werde Nölle das Vizepräsidenten-Amt „mit Sicherheit nicht begreifen“. Kudella: „Nölle bekommt damit die Möglichkeit, sich weiter politische zu profilieren. Und davon wird er auch Gebrauch machen.“ Ein Vorbild dafür könne zum Beispiel Bundestagspräsidentin Süßmuth sein.

Nölle selber war auf der Pressekonferenz nicht anwesend.

Kudella war mit 27 von 32 Stimmen als Fraktionsvorsitzender wiedergewählt worden — „mein bestes Ergebnis seit zehn Jahren“, freute er sich gestern. Einen Gegenkandidaten hatte er nicht mehr, nachdem der Umweltpolitiker Günter Niederbremer seine Kandidatur wieder zurückzog. Er hatte dafür seine Aufnahme in einen auf vier erweiterten Kreis der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden beantragt — allerdings ohne Erfolg.

Kein Glück hatte auch die liberale CDU-Frauenpolitikerin Roswitha Erlenwein. Sie unterlag in einer Kampfabstimmung der scharfen Abtreibungsgegnerin Elisabeth Motschmann mit 12 gegen 20 Stimmen und gehört der Fraktionsspitze damit jetzt nicht mehr an — und das, obwohl Kudella sich ausdrücklich für sie eingesetzt hatte.

Motschmann genießt ebenso die Protektion des CDU-Landesvorsitzenden Bernd Neumann

hier bitte

der Mann mit offenen

Händen und Brille

wie Helmut Pflugradt, der am Dientag für den neugeschaffenen Posten des „parlamentarischen Geschäftsführers“ der CDU- Fraktion gewählt wurde. Damit hat sich Neumann, der die meiste Zeit in Bonn verbringt, wieder größeren Rückhalt im engeren Kreis der Fraktionsspitze verschafft.

Roswitha Erlenwein interpretierte ihre Abwahl gestern als „Maßregelung aller aufmüpfigen Frauen in der CDU“. Auf völlig unfaire Art und Weise sei von der Parteispitze die Gegenkandidatin Motschmann „aus dem Hut gezaubert“ worden. Ase