Rot-grüne Nostalgie

■ SPD und CDU gehen sich an die Gurgel

Berlin. In der SPD-Fraktion machen sich neuerdings die nostalgischen Erinnerungen an die Zeit des rot-grünen Senats breit. Der illegitime Vater dieser Gedanken sei — die CDU. Einigen in der SPD- Fraktion gehe es »zunehmend auf die Nerven«, daß die CDU »rot- grün als Inkarnation des Teufels« darstelle, klagte gestern Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller. Dabei zeige sich »gerade in der Verkehrspolitik, daß es unter Rot- Grün erheblich richtungsweisendere und zukunftsorientiertere Ansätze gab«, als von CDU-Verkehrssenator Herwig Haase bisher geboten.

Stadtmüller reagierte damit auf die heftigen Attacken, die der CDU-Landesausschuß gegen die SPD gerichtet hatte. Die Sozialdemokraten, so die Kritik der CDU, streuten »rot-grünen Sand« ins Koalitionsgetriebe und verfolgten eine Politik des »Bremsens und Behinderns«. So solle die SPD ihren »Widerstand gegen die Maßnahmen des Verkehrssenators beenden«. SPD-Bausenator Wolfgang Nagel wurde ermahnt, »zügig« die Voraussetzungen für einen »beschleunigten Wohnungsbau zu schaffen«. Mit »großer Sorge« sehe die CDU, »daß sich Teile der Berliner Sozialdemokratie zunehmend von ihrer Verantwortung für die Lösung der großen Zukunftsaufgaben verabschieden«.

Während der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen gestern verbreiten ließ, er sei bei der Sitzung des Landesausschusses nicht dabei gewesen und von einer »Koalitionskrise« könne keine Rede sein, reagierte SPD-Landesgeschäftsführer Reinhard Roß mit einer Retourkutsche. Bei dem Beschluß des CDU-Landesausschusses handele es sich um ein »ebenso durchsichtiges wie untaugliches Manöver, die allseits laut gewordene Kritik« am Senat »allein der SPD anzulasten«. Clou seiner Erklärung: Roß sprach von einem »CDU-geführten Senat«.

Ja, wer regiert denn hier eigentlich? Die SPD? Die CDU? Oder gar wirklich immer noch die AL? hmt