'Neues Deutschland‘ vor dem Aus

■ Unabhängige Kommission verweigert der Zeitung weitere treuhänderisch verwaltete Mittel

Berlin (taz) — Mit einer täglichen Auflage von 1,5 Millionen Exemplaren war das 'Neue Deutschland‘ ('ND‘) einst das Aushängeschild der SED. Geschieht nicht ein Wunder, dann ist es Ende des Monats mit der „Sozialistischen Tageszeitung“ vorbei. Die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, die dem Innenministerium untersteht, wird der Zeitung 'Neues Deutschland‘ nicht die beantragte Finanzhilfe in Höhe von sechs Millionen Mark für 1992 aus dem von ihr verwalteten PDS-Altvermögen zur Verfügung stellen. Der Vorsitzende der Kommission, Hans-Jürgen Papier, teilte mit, daß die 'ND‘-GmbH mit Ausnahme der Immobilien aus der treuhänderischen Verwaltung entlassen und an die PDS zurückgehen wird. Das 'ND‘ steht damit praktisch vor dem Konkurs, da die Mittel des Unternehmens nur noch bis Anfang November reichen.

Zwar war die Kölner Medienberatungsagentur Media Consulta in einem von der Treuhand in Auftrag gegegebenen Gutachten zu dem Ergebnis gekommen, daß das Blatt nach betriebswirtschaftlichen und medienpolitischen Gesichtspunkten bedingt sanierungsfähig sei, doch die Kommission folgte der Argumentation nicht. Mit dem Verweis auf den Paragraphen 21 des Grundgesetzes erklärte Papier, daß „aus treuhänderisch verwaltetem Vermögen keine weiteren Mittel für eine Parteizeitung freigemacht werden können“. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, so die Argumentation, Presseorgane zu stützen. Bereits 15,5 Millionen DM an Sondervermögen wurden in die Zeitung investiert, die eine Auflage von 111.000 Exemplaren hat, davon allein 90.000 Abonennten. Parteichef Gregor Gysi hatte bereits erkennen müssen, daß die Tageszeitung, die jeden Monat rund 800.000 Mark Verluste machen soll, aus eigener Kraft nicht überleben kann, und bereits zu erkennen gegeben, daß er mit einer Übernahme der Mehrheitsanteile des Verlages durch einen neuen Gesellschafter einverstanden sei. Zwar hat eine internationale Beteiligungsfirma ihr Interesse an der linken überregionalen Tageszeitungg zu erkennen gegeben — darunter eine Investorengruppe mit Sitz in Malta —, angesichts der Entscheidung ist aber zweifelhaft, ob sie ihr Interesse weiter aufrechterhält.

Der Schatzmeister der PDS, Dietmar Bartsch, bezeichnete die Entscheidung als verheerend, das sei das Ende des Blattes. Karl-Heinz Stamm