Auch Bush war über Irangate informiert

Washington (wps/afp/taz) — Wird er wohl den Mund halten, mag George Bush bis Dienstag noch gehofft haben. Doch Oliver North, Ex- Oberstleutnant, Ex-Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates und seit neuestem Buchautor, hat es vorgezogen, indiskret zu werden. Nicht nur Ronald Reagan, auch George Bush sei über die illegalen Waffenverkäufe an den Iran und die Umleitung der Gewinne an die nicaraguanischen Contras informiert gewesen, erklärte North, einer der Hauptakteure im sogenannten „Irangate- Skandal“, am Dienstag vor Journalisten (siehe taz vom 23.10.91), denen er seine Memoiren vorstellte.

Bush hat stets bestritten, daß er über den illegalen Handel zwischen 1985 und 1986 informiert wurde. Jetzt erklärte North, er selbst habe damals einen ausführlichen Bericht erarbeitet, der die „Entscheidungskette“ bis zum Büro des damaligen Vizepräsidenten George Bush hinaufging. Zwar habe er nie direkt mit Bush über den Mechanismus des Iran-Contra-Handels gesprochen, sei aber überzeugt, daß Bush informiert gewesen sei.

Damit nicht genug, kratzte North auch kräftig an der Glaubwürdigkeit von Robert Gates — jenes Mannes, den George Bush für das Amt des CIA-Direktors nominiert hat und der zum Schutz seiner Karriere bislang immer behauptete, mit dem illegalen Dreieckshandel nichts zu tun gehabt zu haben. Bei mehreren Senatsanhörungen hatte Gates, zur Zeit des Irangate-Skandals Vizechef des CIA, behauptet, North habe ihm bei einem Mittagessen am 9. Oktober 1986 versichert, der CIA habe nichts mit der geheimen Nachschubaktion des Weißen Hauses für die Contras zu tun. Vier Tage zuvor hatten die Sandinisten ein Flugzeug abgeschossen und einen US-Amerikaner gefangengenommen, der aussagte, er arbeite mit CIA-Leuten zusammen.

Oliver North teilte der versammelten Presse nun mit, nie etwas Derartiges zu Gates gesagt zu haben. Er habe ihn und seinen damaligen Chef William Casey lediglich beruhigen wollen, daß die Operation gut gedeckt sei. Dann habe man sich vor allem darüber unterhalten, wie möglichst schnell in Nicaragua sämtliche Spuren der US-Nachschuboperation beseitigt werden könnten, um einen öffentlichen Skandal zu vermeiden.

Auch Gates' wiederholte Beteuerungen, ihm sei die zentrale Rolle von Oliver North bei der Versorgung der Contras nicht bewußt gewesen, stellte letzterer in Frage. „Wenn so jemand nicht weiß, daß ich in der ganzen Angelegenheit tief drinsteckte“, meinte North, „dann war das ein fast bewußter Akt des Nicht- wissen-Wollens.“ Angesichts der Tatsache, daß er selbst für seine Arbeit im Dienste der Weißen Hauses im Gefängnis landete, zeigte North auch wenig Verständnis für Gates' geplante Beförderung zum CIA- Chef. „Ich habe es aufgegeben rauszufinden, wie die Dinge in Washington funktionieren. Aber man wundert sich schon, wie es da zugeht. Nicht nur, was Gates angeht, sondern auch bei einer Menge anderer Leute.“ anb