Abschiebehelfer: Vormund von Amts wegen

■ Initiative Bremer StrafverteidigerInnen erheben Vorwürfe gegen Sozial- und Ausländerbehörde

Bitte die Kari

Ausländische Jugendliche, die unter Tatverdacht in Untersuchungshaft sitzen, werden kurzerhand abgeschoben. Als „verlängerter Arm“ der Ausländerbehörde und keineswegs im Interesse der Betroffenen fungieren dabei Amtsvormünder, die den Jugendlichen bestellt werden. Diesen Vorwurf erhebt die „Initiative Bremer StrafverteidigerInnen“ gegen Sozial- und Aus

länderbehörde.

Anlaß für ihre Befürchtung: der Fall eines unter 16jährigen Kurden aus Bingöl, der trotz laufenden Asylverfahrens in seine Heimat „zurückgeführt“ wurde, nachdem er mit Heroin geschnappt worden war. Nach Informationen der Anwälte hatte der Amtsvormund dies „zum Wohle des Kindes“ unterstützt, mit dem Jugendlichen in der An

stalt aber noch nicht einmal gesprochen. Den Ausgang des Strafverfahrens gegen den Jungen aus Kurdistan hatte man gar nicht erst abgewartet. Ein ähnlicher Fall ist noch in der Schwebe, bei dem die Ausländerbehörde dem Anwalt eines 15jährigen Asylbewerbers — hinter vorgehaltener Hand — mitteilte, daß man seinen Mandanten abschieben wolle und nun überlege, ihm einen Amtsvormund zu bestellen.

Per Gesetz und einer Dienstanweisung, die bei der Sozialsenatorin in Vorbereitung ist, erhalten Jugendliche, die ohne Eltern oder Verwandte in Bremen sind und Asyl beantragen, eine solche Amtsvormundschaft. Dann wird entsprechenden Beamten der Sozialbehörde das Sorgerecht der Eltern übertragen. Dies wird durch die Ausländerbehörde initiiert, die bei jugendlichen Antragstellern unter 16 von Amts wegen das Jugendamt hinzuzieht.

Trotzdem landen nach Auskunft von Ausländerreferent Erhard Heintze immer wieder Jugendliche in Untersuchungshaft, die sich ohne jeden ausländerrechtlichen Status, also ohne Asylantrag, Zuweisung oder Duldung und damit illegal, in Bremen aufhalten. Diese Jugendlichen können, so Heintze, gemäß Beschluß der Innenministerkonferenz sofort abgeschoben werden, wenn sie mit Drogen gedealt haben. Für die Behördenvertreter ist dies eher „im Interesse des Kindes bzw. Jugendlichen“ als ein weiterer Aufenthalt in Bremer Institutionen, deren Erziehungs- und Betreuungsmaßnahmen sich die Jugendlichen erfahrungsgemäß „entziehen“: „Deren einziges Interesse ist es doch oft, weiterzudealen“, so Heintze.

Justizpressesprecher Jürgen Hartwig ergänzt diese Argumentation damit, daß Jugendliche den Vorteil haben, „nicht kriminalisiert“ zu sein, wenn die Staatsanwaltschaft von der Anklage absieht und sie aus der Untersuchungshaft abschiebt. „Die wollen nach Hause“, meint er.

Das sehen die Anwälte solcher Jugendlicher anders. „Anstiftung zum Gesetzesverstoß“ ist es für sie, unbegleitete Jugendliche in Asylantenunterkünfte mit erwachsenen Dealern zu stecken: Die Jugendlichen würden von ihren Eltern oft unter gewaltigen Kraftakten nach Deutschland „in Sicherheit“ geschickt. „Betreuung“ erführen sie aber erst im Knast. Dort ist seit einigen Monaten ein kurdischer Sozialarbeiter beschäftigt, der die Jugendlichen aufklärt und ihnen bei er Ausbildung einer eigenen Identität in ihrer verfolgten Kultur hilft. ra