Feierabendstimmung

■ Werder Bremen besiegte Budapest zu Hause schläfrig mit 3:2

Berlin (taz) — Jetzt führt kein Weg mehr dran vorbei: Der deutsche Fußball steckt in einer außenpolitischen Krise. Nach der „Micky Mouse“- Truppe aus München (sie können einem fast leid tun, die Armen), den Frankfurtern in Gent, den Stuttgartern in Pamplona zeigten auch die Bremer im Europacup nicht viel. Das Publikum schien's zu ahnen und kam nicht. Nur 7.502 hatten Erbarmen mit den Armen. Es half nicht.

Werder Bremen hatte Ferencvaros Budapest in der ersten Halbzeit gut im Griff. Nachdem der erste Angriff eine gute Zeit gebraucht hatte, um in Gang zu kommen, ging alles ziemlich schnell.

In der 28. Minute köpfte Frank Neubarth nach einer Ecke von Allofs das 1:0. Vier Minuten später wollte Allofs dann selbst mal — 2:0. Das ließen sich die Ungarn nicht gefallen, Lipscei traf nur zwei Minuten später zum 2:1, was wiederum Frank Neubarth aufs höchste erboste: Er ließ sich zu einem weiteren Tor hinreißen — 3:1.

In der zweiten Halbzeit fanden die Bremer offensichtlich, sie hätten genug gearbeitet und ließen sich fürderhin das Flutlicht auf den Bauch scheinen. So nutzten die Budapester die Feierabend-Laune der Bremer und schossen in der 73. Minute ihr zweites Tor. Die ungarischen Fans brüllten „Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen“.

Das gibt es in zwei Wochen, wenn die Bremer in Budapest spielen. Und zwar nicht vor ein paar hundert, sondern vor 25.000 Fans — ungarischen allerdings. Es ist kaum zu erwarten, das die 7.502 Bremer vom Mittwoch Werder dann groß helfen können.

Willi Lemke, der telegenste Fußballmanager der Bundesliga, war enttäuscht über das mangelnde Publikumsinteresse. Da muß er dem ZDF dankbar sein für die finanzielle Schadensbegrenzung. Über das Desinteresse der Zuschauer „muß man sicher noch mal nachdenken“, sagt Lemke. Noch mal nachdenken wird wohl auch Otto Rehagel, der richtig bemerkte: Wir „müssen nun alle Kräfte zusammennehmen, um im Rückspiel zu bestehen.“

Aus der Bremer Präsidenten- Suite wurde Zweckoptimismus verbreitet: „Wir haben im Hexenkessel von Tiflis schon einmal bewiesen, daß wir ein Spiel noch aus dem Feuer reißen können.“ Wenn Werder in Zukunft immer nach dieser Devise verfährt, wird die Bundesliga in Zukunft sicherlich spannender. joe

Werder Bremen: Reck - Bratseth - Votava, Borowka (55. Bockenfeld) - Wolter, Eilts, Bode, Legat - Rufer, Neubarth, Allofs.

Ferencvaros Budapest: Balogh - Telek - Simon, Keller, Kusnezow - Lipcsei, Albert, Paling (68. Patkos), Szenes - Schneider, Deszatnik (72. Wukowicz).

Zuschauer: 7.502.

Tore: 1:0 Neubarth (28.), 2:0 Allofs (32.), 2:1 Lipscei (34.), 3:1 Neubarth (39.), 3:2 Lipscei (73.).