In Asturien bleiben die Kanzeln leer

Generalstreik in Nordspanien gegen Entlassungen im Kohlebergbau/ Von Franco subventioniert, ist dieser heute völlig unrentabel/ Selbst die Pfarrer solidarisieren sich mit den Kumpeln  ■ Aus Madrid Antje Bauer

Wie ausgestorben lag das nordspanische Fürstentum Asturien am Mittwoch: Kohleminen und Stahlfabriken standen leer, die Geschäfte und Schulen waren geschlossen, selbst die Pfarrer streikten, und das geplante Fußballspiel zwischen Sporting Gijon und Steaua Bukarest wurde um einen Tag verschoben. Nur eine Demonstration von 10.000 Teilnehmern in der Kleinstadt Gijon am Vormittag und eine weitere Demo mit mehr als 100.000 Teilnehmern am Nachmittag in der asturischen Hauptstadt Oviedo machten lautstark klar, was in der Region ohnehin jeder weiß: Asturien war im Generalstreik gegen die geplanten erneuten Massenentlassungen im Kohle- und Stahlbereich.

Rund 30.000 Arbeiter werden nach Befürchtungen der Gewerkschaften in den nächsten Jahren ihre Arbeitsplätze verlieren, wenn die Umstrukturierungspläne der Regierung in Madrid durchgeführt werden. Zentral betroffen sind dabei vor allem das Kohlebergwerk Hunosa und das Stahlwerk Ensidesa, beides Unternehmen des „Nationalen Industrieinstituts“, einer staatlichen Unternehmensgruppe aus Francos Zeiten. Der Untertageabbau von Kohle ist in Asturien traditionell unrentabel, wurde jedoch von Franco in der Nachkriegszeit subventioniert, um angesichts der wirtschaftlichen Isolation des Landes die Energieversorgung zu gewährleisten.

Mitte der sechziger Jahre warf die Kohle immer weniger Gewinne ab, so daß die bisher privaten Unternehmen in staatliches Eigentum überführt wurden. Franco wollte eine Massenarbeitslosigkeit in einem Bereich vermeiden, in dem eine politisch aktive Arbeiterschaft Anfang der sechziger Jahre die ersten Streiks zu Zeiten der Diktatur organisiert hatte. 26.000 Arbeiter hatte das Werk 1967, inzwischen sind nur noch knapp 18.000 übriggeblieben. Aufgrund schlechter Abbaubedingungen kostet die Tonne Kohle in Hunosa heute 120 DM mehr als der EG-Durchschnitt.

Problematisch ist auch das Stahlwerk Ensidesa. Fallende Nachfrage und fallende Weltmarktpreise für Stahl haben die Produktion immer weniger rentabel werden lassen. Von 27.000 Beschäftigten im Jahre 1974 sind inzwischen nur noch 15.000 übriggeblieben, von denen in Zukunft vermutlich etwa 6.000 weitere den Hut nehmen müßten. In Unternehmen, die von den Werken abhängen, gingen weitere 15.000 Arbeitsplätze verloren. Ensidesa hofft jedoch, durch eine Fusion mit den baskischen „Altos Hornos Vizkaya“ an Konkurrenzfähigkeit zu gewinnen.

Alternativen gibt es bislang wenig. Damit verschärft sich die Krise in einem ohnehin strukturell schwachen Gebiet, das von Kohle und Stahl abhängt. Die parzellierte Landwirtschaft leidet unter der EG, die Fischerei ist in der Krise, größere Investitionen neuer Unternehmen sind nicht in Sicht. Schon jetzt liegt die Arbeitslosigkeit in Asturien bei 18 Prozent, in zahlreichen Gebieten sind mehr als die Hälfte davon Jugendliche. Die Gewerkschaften UGT und Comisiones Obreras, die zum Streik aufgerufen haben, fordern einen behutsameren Abbau der Arbeitsplätze und eine Reindustrialisierung der Region.

Die Regierung in Madrid reagierte arrogant wie immer. „Die übergroße Mehrheit der Leute weiß, daß ich recht habe“, erklärte Premierminister Gonzalez am Tag des Streiks bei einer Pressekonferenz mit dem neoliberalen peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori.