Istambul per Hand

■ Keine Direktwahl mehr in die Türkei / Handvermittlung doppelt so teuer

Der Krieg in Jugoslawien hat vielen Menschen große Verluste gebracht. Aber es gibt auch Unternehmen, die gut an dem bewaffneten Nationalitätenkonflikt verdienen. Dazu zählen nicht nur Waffenschmieden. Eines davon ist auch — wer hätte es gedacht — ein deutsches Staatsunternehmen und heißt Post-Telekom.

Das Extra-Geschäft aus dem Balkan-Krieg ist der Post allerdings ohne deren Zutun zugeflogen. Es hängt damit zusammen, daß ein Drittel der Telefonleitungen von Deutschland in die Türkei durch Zerstörungen in Jugoslawien abgeschnitten wurden. Türkische BremerInnen, die wie gewohnt ihre Heimatnummern wählen, bekommen deshalb seit Anfang Oktober das Besetzt-Zeichen als Antwort. Telefonverbindungen kann nur noch das Fernamt herstellen. Und das kassiert dafür mindestens den doppelten Betrag.

Kostete ein fünfminütiges selbstgewähltes Türkei-Gespräch bislang 7,50 Mark, werden dafür bei Handvermittlung nun 15 Mark berechnet. Und wer die dabei übliche unbestimmte Wartezeit von mehreren Stunden umgehen will, muß für das dringende handvermittelte Gespräch sogar den dreifachen Preis, für 5 Minuten Türkei genau 24 Mark, berappen.

Während der jugoslawische Krieg somit türkischen BremerInnen saftige Telefonrechnungen beschert, bemüht sich die Post nach eigenen Angaben um ein Ende ihres ungeplanten Extraprofits. Mit Italien wird zur Zeit über das Nutzungsrecht für ein Seekabel verhandelt, das unter Umgehung des Balkan direkt nach Griechenland führt. Und auch zusätzlicher Platz auf Kommunikations-Satelliten ist im Gespräch.

Bis die Türkei jedoch telefontechnisch per Selbstwahl wieder an Europa angeschlossen ist, würden wohl noch vier bis sechs Wochen vergehen, bedauert die Telekom-Zentrale in Bonn.

ase