Amalgam: Gift im Zahn

■ Monika Griefahn fordert Verbot/Zahnarztverbände sind sauer/Kassen warten ab

Die niedersächsische Umweltminmisterin Monika Griefahn hat in ein Wespennest gestochen. Am 16. Oktober veranstaltete sie in Hannover eine Anhörung zum Thema „Quecksilber in der Umwelt“, auf dem es vor allem um die Verwendung von Amalgam in Zahnarztpraxen ging. Fazit des Kongresses: Die beliebte Zahnfüllung Amalgam muß verboten werden. Zahnarztpraxen belasten die Umgebung so stark, daß sie eigentlich in Gewerbegebiete umsiedeln müßten. Das rief die Dentisten-Vereinigungen auf den Plan, die sofort lauthals protestierten.

Der Münchner Toxikologe Max Daunderer, einer der Referenten des Kongresses, hat versucht, den Zusammenhang zwischen dauernden Kopfschmerzen, Antriebslosigkeit und Muskelschwund und Almalgamfüllungen nachzuweisen. Er hat Plombenträgern mit neurologischen Beschwerden intravenös das Medikament Dirnaval injiziert, das im Körper gespeichertes Quecksilber ausschwemmt. Die Konzentration des Metalls im Urin stieg promt über den von der Weltgesungheitsorganisation (WHO) tolerierten Wert von 50 Microgramm pro Liter. Nach dem Entfernen der Amalgam- Füllungen waren die PatientInnen beschwerdefrei. Eine amerikanische Studie belegt, daß Amalgam das Immunsystem schwächen und Erkrankungen verschärfen kann: Bei LeukämiepatientInnen verbesserte sich das Blutbild nach Entfernen der Metallfüllungen.

Die Standesvertretungen der Zahnärzte bestreiten allerdings die Wissenschaftlichkeit von Daunderers Untersuchungen. Sie berufen sich darauf, daß bei der Amalgamuntersuchungsstelle der Universitäten Erlangen und Münster bisher „kein einziger Fall“ bekannt geworden sei, der den vermuteten Zusammenhang bestätigt.

Auch die Zahnärztekammer Bremen und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bremen sehen hinter den auf Amalgamplomben zurückgeführten Erkrankungen eher „psychosomatische“ Zusammenhänge. Die Bremer Dentistenriege verurteilt den „Vorstoß“ von Monika Griefahn und fürchtet „Panikreaktionen“ der Bevölkerung. Die Zahnärzte seien zwar technisch in der Lage, auf Amalgam zu verzichten, die Träger der Krankenversicherungen könnten die dann entstehende Kostenlawine aber kaum bewältigen.

Nach den gültigen Vereinbarungen mit den Krankenkassen müssen Kassenzahnärzte im seitlichen Kieferbereich Amalgam verwenden. Wer dort Gold-oder Keramikfüllungen wünscht, muß selbst zahlen. Die Kassen übernehmen die Kosten für die teureren Amalgam-Ersatzstoffe nur bei ärztlich attestierten Allergien, bestätigte Wilfried Mysegaes von der Bremer AOK. Er ist sich allerdings sicher, daß durch das Griefahn-Hearing die Diskussion um Amalgam „erst so richtig in Gang kommt“. Mysegaes: „Solange die Zahnarzt-Verbände sagen, es besteht keine Gefahr, sehen wir natürlich keinen Handlungsbedarf. Aber die Kassen werden sich dem Problem nicht verschließen. In der nächsten Verhandlungsrunde zwischen Kassen und Zahnärzten wird das Thema sicher auf den Tisch kommen.“ asp