„Lehrer haben zuwenig getan“

■ Nach DVU-Erfolg: Interview über Verantwortung der Schulen schreckt Lehrer auf

Elke Kröning, Lehrerin und bei der Bildungsbehörde zuständig für die Erarbeitung aktueller Unterrichtsmaterialien, hatte in ein Wespennest gestochen. Kaum hatte sie drei Tage nach der Wahl in einem Rundfunk-Interview am 2.10. erklärt, inwiefern auch die LehrerInnen am Wahlerfolg der DVU mitverantwortlich sind, da hagelte es Beschwerden über sie, die bis zum Bildungssenator getragen wurden.

Daß Schule und Politik nach dem ersten Wahlerfolg der DVU 1987 „zu schnell zur Tagesordnung“ übergegangen sind, hatte Elke Kröning festgestellt. Und daß im Bereich politischer Bildung und Gemeinschaftskunde „zu wenig getan“ wurde. (vgl. Dokumentation ). Doch das wollten die KollegInnen nicht hören: Sie beschwerten sich umgehend bei ihrem Personalrat. Welche Kollegen von welcher Schule sich da beklagten, das weiß Elke Kröning bis heute nicht: Mit ihr hat nämlich noch niemand darüber gesprochen. Auch nicht der Personalrat Schulen. Auf die Frage der taz, ob ihm das Interview denn vorläge und ob er Frau Kröning darauf angesprochen habe, erwiderte der Personalrat mit einem klaren „Nein“.

Eine Kollegin habe allerdings ebenfalls das Interview gehört und schon vor Eintreffen der ersten Anrufe auf „die Schande“ hingewiesen, berichtet Personalrat Jan Bücking der taz. Deshalb auch hätten sie sich verpflichtet gefühlt, gegen die „kollektive Verunglimpfung“ umgehend vorzugehen: „So einfach kann man sich das nicht machen.“ In einem Brief fordern die Personalräte Bildungssenator Scherf auf, sich „im Rahmen der Fürsorge vor die betroffenen Geschichts-, Politik-und Gemeinschaftskundelehrer zu stellen.“

Ihren Brief bezeichnen sie dabei zwar als „betriebsintern.“ Die Stellungnahme des Bildungssenators erwarten sie allerdings dennoch öffentlich, da Frau Kröning ihren „Angriff“ ja auch öffentlich erhoben habe. „Wir haben hier außerdem eine besondere Situation“, betont Jan Bücking. Denn Elke Kröning sei nicht nur Lehrerin, sondern gehöre selbst der senatorischen Behörde an. Bücking: „Es kann nicht angehen, daß sie Leute runterputzt, zu deren Anleitung sie da ist.“

Elke Rohde-Kröning, die Ehefrau des Justizsenators, ist Lehrerin am Alten Gymnasium. Mit einem Teil ihres Stundensolls ist sie zur Bildungsbehörde abgeordnet. Dort hatte sie 1987 das kiloschwere Material zum Thema Rechtsextremismus erarbeitet als die DVU erstmals in die Bremer Bürgerschaft einzog.

Daß Elke Krönings Kritik an einem Teil der Bremer Lehrerschaft keineswegs an den Haaren herbeigezogen ist, bestätigt Gerhard Heidt, Fachleiter für politische Bildung und Gemeinschaftskunde am Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis (WIS). Die Widerstände mancher Lehrer gegen Fortbildung und gegen alles, was aus der Behörde kommt, seien so groß, daß selbst verordnete Veranstaltungen manchmal nicht zustande kommen. Als nach 1987 am WIS Fortbildung speziell zum Rechtsextremismus angeboten wurde, fielen die Kurse mangels Teilnehmern aus. Erst als die Lehrerfortbildung in die Schulen getragen wurde, ließ sie sich durchführen. „Schule kann von der Gegenwart nicht abgekoppelt werden“, sagt Heidt. Gerade Politik- und Gemeinschaftskundelehrer müßten sich ihrer pädagogischen Aufgabe bewußt sein und könnten nicht zu „Unterrichtsbeamten“ werden. Ihre Fortbildung und Bereitschaft zur Auseinandersetzung sei Teil ihrer Qualifikation. Auch wenn Schule nicht zum Reparaturbetrieb der Politik werden könne. ra