Grüne Utopien

■ Wie die brandenburgischen Grünen sich eine neue Einheitsdemokratie vorstellen

Grüne Utopien Wie die brandenburgischen Grünen sich eine neue Einheitsdemokratie vorstellen

Wer wie der Bundestagsabgeordnete Konrad Weiß vom Bündnis90 aus welchen Gründen auch immer absticht vom Durchschnitt seiner Parteifreunde und darauf auch noch Wert legt, der hat es schwer in der deutschen Parteiendemokratie. Durchschnitt ist gefragt, Konformität und vielleicht ein kleiner Farbtupfer, aber mehr bitte nicht!

Dieses Ideal eines braven Parteimannes erfüllt Konrad Weiß nicht. Im Bundestag entschuldigt er sich öffentlich für eine Rede seiner Fraktionskollegin Köppe, die der Bundesregierung mehr oder weniger direkt im Zusammenhang mit Schalck-Golodkowski Bestechlichkeit vorwirft, er arbeitet in der Grundwertekommission der CDU mit, und er scheut sich nicht, zum Paragraphen 218 auch nach außen ein vom grün-alternativ-bürgerrechtlichen Konsens klar abweichendes Votum zu vertreten.

Daß ein solcher Einzelgänger, der sich natürlich nicht selten mit seiner Eitelkeit selbst ein Bein stellt, den Grünen Ost wie West auf den Nerv geht, ist schon lange klar. In vielem erscheinen seine Schwierigkeiten als Wiederholung dessen, was Otto Schily bei den Grünen widerfuhr. Den brandenburgischen Grünen ist nun der Kragen geplatzt. Sie fordern Weiß zur Rückgabe seines Mandats auf, denn er vertrete „reaktionäre bis mittelalterliche Positionen“ zum Paragraphen 218 und in anderen Fragen, die „ihn zu einem Gegner der Partei“ (der Grünen wohlgemerkt) machten. Sein Mandat habe er „nur noch aufgrund einer Rechtslücke — der Nichtabberufbarkeit von Abgeordneten“, die nicht mehr „auf eine gesellschaftliche Basis verweisen können“.

Das ist nun wirklich nichts anderes mehr als der direkte Übergang von der Staatspartei zum Parteienstaat — eine schöne Vision demokratischer Erneuerung. Vielleicht könnte man ja in Zukunft Tonbänder in den Bundestag schicken, auf denen die jeweiligen Beschlußlagen der „gesellschaftlichen Massenorganisationen“, wie das früher so schön hieß, aufgenommen sind — und bei Bedarf abgespielt werden könnten.

Eine Partei, die solche Ansinnen ernsthaft vertritt, verdient in einer Demokratie nichts anderes als die rote Karte. Ulrich Hausmann